sprachreif 4, Band für Lehrerinnen und Lehrer

28 Was mit einem Kinderbuch begann – der Autor hatte die Hauptfigur Kivi, bei der das Geschlecht nicht eindeutig aus dem Namen hervorging, mit dem geschlechtsneutralen Pronomen „hen“ bezeichnet, welches aus dem männlichen Subjektpronomen „han“ sowie dem weiblichen „hon“ ab- geleitet wurde – hat in Schweden zu einer tiefgreifenden Debatte über die Geschlechtersensibilität geführt. Mittler- weile ist das geschlechtsneutrale Pronomen im offiziellen schwedischen „Duden“ abgedruckt und wird auch in Kinder- gärten, Schulen und Universitäten verwendet und es wird auch nicht mehr weiter groß darüber diskutiert. Wichtig ist, dass es hier mehr um ein politisches Statement geht als um Grammatik, denn das Schwedische biete dafür auch günstige Voraussetzungen, weil man häufig das Geschlecht eines Wortes nur am zugehörigen Pronomen erkennt, da bei den meisten Nomen nicht zwischen männlich und weiblich unterschieden wird – ganz im Unterschied zu Sprachen wie Deutsch, Spanisch, Französisch, Arabisch, etc. Wesentliche Aspekte der Ausgangstexte, die für die Argu- mentation wichtig sind, werden wiedergegeben Doch handelt es sich um den selben Fall, wenn ein/e deut- sche UniprofessorIn für Gender Studies und Sprachanalyse mit dem auch nicht eindeutig Frau oder Mann zuordenba- ren Namen Lann Hornscheidt entscheidet, er/sie wolle mit „Profx“ angesprochen werden? Aber das ist noch nicht alles: Man solle weitgehend auf Geschlechterzuschreibungen wie „Herr“, „Frau“, „Lieber“ und „Liebe“ verzichten und sich statt- dessen mit „Sehr geehrtx Expertx!“ an die MitarbeiterInnen des Genderdepartments wenden. Nach dem Bekanntwerden dieses geschlechtsneutralen Falles sah sich Profx. Horn- scheidt mit Morddrohungen etc. konfrontiert – man konnte und wollte nicht wahrhaben, dass sich da jemand dafür entscheidet, weder als Frau noch als Mann zu leben und sich auch nicht so ansprechen lassen möchte. Ein möglicher Vorteil einer geschlechtsneutralen Sprache könnte natürlich sein, dass sie absolut niemanden mehr ausgrenzt oder diskriminiert. Egal, welches Geschlecht, egal, ob Transgender, egal, ob Intersexualität oder Hermaphrodi- tismus – alle sind immer mitgemeint, niemand bleibt außen vor. Sämtliche Bücher müssten von Wörtern wie „Professo- rInnen“ befreit und dies vielleicht durch „Professor_innen“, „Professorxs“ oder dergleichen ersetzt werden. Vielleicht würde die Umstellung am Anfang sehr zeit- und ressour- cenaufwändig sein, aber nach ein paar Jahren würde sich niemand mehr darüber echauffieren oder daran denken, dass es jemals anders gewesen sei. Beispiele dafür könnten die Umstellung von Schilling auf Euro als Währung in Öster- reich, die große Rechtschreibreform von 1996 oder auch die Umwidmung der Wiener Mariahilfer Straße sein – wobei, dies ist ein anderes Thema mit einer sehr „österreichischen“ Lösung und bietet vielleicht nicht das allerbeste Beispiel. Gegen diese Verallgemeinerung der Geschlechter spricht, dass man z.B. in Restaurants, Kaffeehäusern und Bars eine dritte Art Toiletten einbauen müsste? Man denke ebenso an alle zu ändernden Formulare dieser Welt! Gebe es dann auch eigene komplett geschlechtsneutrale Kleidung und wenn ja, wie würde diese aussehen? Diese Liste lässt sich sicher be- liebig endlos ergänzen … unter Einbeziehung eigener Überlegungen werden Vor- und Nachteile einer komplett geschlechtergerechten Sprache analysiert Aufbau eines Arguments: Behauptung – Begründung – Beweis/Beispiel Verknüpfung mit Weltwissen zur Verstärkung der Argumente Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=