sprachreif 4, Band für Lehrerinnen und Lehrer

16 fällt, ist, dass viele Menschen, vor allem in den sozia- len Medien, der Welt ständig ihr angebliches Glück demonstrieren. Trägt das auch zur Unlust bei? So, wie wir das Glück der anderen nicht ertragen, nei- gen wir auch zu der Vorstellung, alles, was andere an uns nicht ertragen, sei für uns ein Glück. Der kleine Bruder des Neides ist der Trotz. Wir genießen heute oft trotzig – gegen die Empörung eines anderen. Ei- gentümlicherweise benötigen wir beim Pseudoglück diesen anderen auch weitaus mehr als bei wirklichem Glück. Wenn wir wirklich glücklich sind, dann ist, wie Immanuel Kant gesagt hätte, „die Menschheit in uns“ glücklich. Solches Glück ist solidarisch teilbar. Die an- deren können dabei aber auch rein virtuell bleiben; wir brauchen keine angewiderten Anwesenden. […] QUELLE: Brand eins. Heft 12, 2014. Seite 96–99. Infobox Robert Pfaller: geb. 1962 in Wien, lehrt als Professor für Philosophie und Kulturwissenschaft an der Kunstuniversität Linz 128 130 132 134 136 138 140 142 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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