sprachreif 4, Band für Lehrerinnen und Lehrer

13 schen und britischen Autobahntouristen mehr zum Freizeitrasen nach Deutschland kämen. „Killerspiele“ Was die Aufregung betrifft: der legitime Nachfolger des Tempolimits. Gemeint sind Computerspiele, in denen eine mehr oder weniger große Anzahl Spielfi- guren getötet oder eliminiert werden muss, um das Ziel zu erreichen. Bekanntester Gegner im Visier wohlmeinender Menschenschützer: Counter-Strike, sozusagen die Marlboro unter den virtuellen Welten. Anhänger eines Verbots von Herstellung und Ver- trieb – Bayern hat kürzlich eine entsprechende Bun- desratsinitiative eingebracht – denken doppelt selt- sam. Sie glauben zum einen an ein überholtes Kom- munikationsmodell, das davon ausging, jedwede Botschaft („Töten“) werde beim Rezipienten („gefähr- deter Jugendlicher“) exakt so ankommen, wie vom Sender („Computerspiel“) gesandt. Spielen und an- schließendes Handeln werden eng verknüpft – was Hirnforscher und Kommunikationswissenschaftler differenzierter sehen. Die Regulierungsfreunde übersehen außerdem, dass ein Verbot in Deutschland nicht helfen würde, weil die Kommunikationswege global sind. Und die ganze gro- ße Welt wird die Spiele kaum untersagen – so sehr sich Bayern das auch wünscht. Statt darauf Jahre vergebens zu hoffen, könnten zusätzliche Programme helfen, in denen Jugendliche im Umgang mit Medien geschult werden. Osterflohmärkte Deren Verbot ist schon beschlossen, und zwar in Ber- lin. Die rot-rote Regierung möchte nicht, dass an Os- tern und Pfingsten das Erscheinungsbild der Stadt durch Trödelhändler getrübt wird. Die Fraktion der Christlich Demokratischen Union in Berlin sieht das anders und verlangt eine entsprechende Änderung im Ladenöffnungsgesetz. Die Entscheidung, ob ein Kunst- und Trödelmarkt an Feiertagen geöffnet werde, solle den Betreibern überlassen werden, fordert die CDU. Trödelmärkten gehörten einfach zum Straßen- bild, Ostern hin oder her. Paintball Verwandt mit dem Verbot der „Killerspiele“; wird auch „Gotcha“ genannt. Die Welten der Spieler sind nicht virtuell, sondern real: Sie treffen sich in Hallen oder Wäldern. Je nach Vereinbarung treten unter- schiedlich große Mannschaften an und beschießen sich mit Farbmunition. Kurzversion der Regel: Wer getroffen wird, scheidet aus. Das Verwaltungsgericht in Stuttgart hat am Dienstag entschieden, dass Kinder und Jugendliche eine Paintball-Halle im Stadtteil Zu- ffenhausen nicht mehr betreten dürfen. Zuvor hatte die Landeshauptstadt Stuttgart den Be- trieb verboten, weil „das spielerisch simulierte Töten“ von Menschen „mit der verfassungsrechtlichen Men- schenwürde unvereinbar“ sei. Außerdem, so die Rich- ter, dürfe in der Halle fortan kein Besucher mehr „Tarnkleidung, Uniformen oder uniformähnliche Kleidungsstücke“ tragen. Auch müsse der Betreiber dafür sorgen, dass „das ‚Abschießen‘ von Mitspielern nicht der ausschließliche Zweck des Spiels ist“. Statt dessen solle die Fahne des Gegners erobert werden. Vereinbar mit der Menschenwürde ist Paintball übri- gens manchmal doch – nämlich dann, wenn keine „Farbmarkierungskugeln mit roter oder rötlicher blut- tonähnlicher Farbe“ verwendet wird, wie das Verwal- tungsgericht findet. In Stuttgart wird also demnächst vielleicht mit roséfarbenen Patronen geschossen. Glühbirnen Kommen harmlos daher, sind aber Monstren. Das ha- ben jetzt auch die Politiker erkannt und ein Glühbir- nen-Verbot in Deutschland nach dem Vorbild Austra- liens gefordert. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Her- mann Scheer hat schon einmal präzise nachgerechnet: „So eine Maßnahme würde in wenigen Jahren ein bis zwei Atomkraftwerke einsparen“, prophezeit der Mann. Die Deutsche Energiesparagentur glaubt, der Stromverbrauch hierzulande könnte um sechs Prozent gesenkt werden. Wer jetzt denkt, in Deutschland gingen die Lichter aus, sei getröstet: Die Glühbirnen sollen ersetzt wer- den durch Energiesparlampen. Es bleibt bloß eine Schwierigkeit: Nach Angaben des Bundesumweltmi- nisteriums lässt sich das Ende der Glühbirne nicht na- tional, sondern nur innerhalb der Europäischen Union beschließen. Hoffentlich kommt die EU noch dazu – bevor sie verboten wird. QUELLE: http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/deutschland-verbote-verbote- verbote-1409327.html; (abgerufen am 03.09.2018) 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 100 102 104 106 108 110 112 114 116 118 120 122 124 126 128 130 132 134 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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