sprachreif 4, Schulbuch

24 Rollenklischees in der Sprache digitaler Übersetzungsprogramme : Digitale Übersetzungsprogramme stecken voller Tücken, denn künstliche Intelligenz ist anfällig für Rassismus, Rollenklischees und Vorur- teile. Dies zeigt sich auch in den Assoziationen: So werden Blumennamen oder europäische oder ame- rikanische Namen eher mit positiven Adjektiven in Verbindung gesetzt und z. B. afroamerikanische Namen oder Insektennamen mit negativen. Manche Sprachen wie z. B. das Vietnamesische oder Unga- rische kennen gar keine grammatikalischen Geschlechter, es ist also nicht ersichtlich, ob man eine Frau oder einen Herrn anspricht. In Schweden versucht man, Rollenklischees durch die Verwendung des geschlechtsneutralen Pronomens „hen“ entgegenzuwirken. Der Rat der deutschen Rechtschreibung reformiert immer wieder sanft die deutsche Orthografie , es gibt jetzt (für Österreich und Deutschland) das große scharfe ß . Der heikle Job der ehrenamtlichen Mitglieder besteht darin, die deutsche Sprache zu beobachten. Dann diskutieren die 39 Mitglieder aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Liechtenstein, Südtirol und der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens sehr sachlich über die „sanften Reformen“. Wichtig ist der Gesellschaft ebenso die „Schaffung von Sprachfrieden“. Der deutsche Philosoph Theodor W. Adorno tätigte 1951 in seinem Aufsatz Kulturkritik und Gesellschaft , den er bereits 1949, also vier Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs, verfasst hatte, die Aussage, dass es „ barbarisch sei, nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben “. Der Philosoph brachte damit sein Miss- trauen gegenüber Kultur in ihrer Gesamtheit aufgrund der Erfahrung des Holocausts ebenso zum Aus- druck wie die eingeschränkten Möglichkeiten moderner Autorinnen und Autoren, nach den Gräueln des Holocaust jemals wieder schöne Gedichte zu verfassen. Später relativierte er seine Aussagen und widerrief sie zum Teil; so sprach er 1962 in dem Essay Jene zwanziger Jahre über den Fortbestand einer „Kultur nach Auschwitz“. Stella Rotenbergs 1974 verfasstes Gedicht Schädelstätte beschreibt eindring- lich die Vorgänge im Vernichtungslager Maidanek. Auch Heimrad Bäcker publizierte literarische Zeug- nisse des Holocaust. Aus der heutigen Medienlandschaft sind Anglizismen gar nicht mehr wegzudenken – und nicht nur deswegen, weil einige von ihnen gar nicht richtig übersetzt bzw. umschrieben werden können, wie z. B. depublishen , Start-up oder auch Crowdfunding . Unser heutiges Deutsch entwickelte sich durch die erste und die zweite Lautverschiebung aus dem In- dogermanischen. Seit Mitte des 17. Jahrhunderts spricht man Neuhochdeutsch, welches bis zum heuti- gen Tag einer ständigen Wandlung bzw. Weiterentwicklung folgt. Als „Schöpfer“ der modernen deut- schen Sprache gilt Martin Luther durch seine Bibelübersetzung sowohl des Alten als auch des Neuen Testaments aus dem Althebräischen, dem Aramäischen und dem Griechischen ins Frühneuhoch- deutsche. An Schulen herrscht wenig Bewusstsein für „ österreichisches Deutsch “, Umgangssprache und Dialekt werden im Westen stärker als im Osten im Klassenzimmer verwendet. 1 Zusammen- fassung Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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