sprachreif 4, Schulbuch

120 Der Abmahnerabmahner Von Kai Biermann | 23.08.2016 Die Abmahnung von Urheberrechtsverletzungen ist ein Geschä‰. Viele zahlen, auch wenn sie nichts getan haben. Der Abmahnbeantworter des CCC bietet kostenlose Hilfe. Kopieren kann man nicht nur Bilder und Musik, sondern auch hilfreiche Briefe gegen unberech- tigte Abmahnungen. Wegen einer vermeintlichen Urheberrechtsver- letzung eine Abmahnung zu verschicken, ist ein hinterhältiges Geschä„smodell. Ganze Rechts- anwaltskanzleien haben sich darauf spezialisiert, macht es doch kaumArbeit und bringt viel Geld. Viele der Abgemahnten bezahlen die Forderung, auch wenn sie gar nichts getan haben. Weil sie nicht wissen, wie sie sich wehren sollen. Weil sie einen Rechtsstreit und damit noch höhere Kos- ten fürchten. Selbst die Nutzung von gemeinfreien Lizenzen wie Creative Commons schützt nicht davor, ab- gemahnt zu werden, wenn man nicht genau auf- passt. Diesem Missbrauch des Urheberrechts wollen zwei Vereine jetzt etwas entgegensetzen: Dank des Abmahnbeantworters des Chaos Com- puter Clubs (CCC) und des Freifunk können Be- tro¬ene die Anwälte mit ihren eigenen Wa¬en schlagen – solange sie zu Unrecht abgemahnt wurden. Wenige Klicks genügen, alles ist recht- lich sauber und Geld kostet es auch nicht. Insgesamt sechs Fragen müssen Betro¬ene be- antworten. Die erste ist die wichtigste: „Sie sind sicher, diese angebliche Urheberrechtsverletzung nicht begangen zu haben?“ Nur dann kann die Seite wirklich helfen. Wer sich unsicher ist, der solle doch lieber einen Anwalt suchen, heißt es dort. Anschließend gibt es eine Weiterleitung zu Suche nach spezialisierten Kanzleien. Doch wer sich sicher ist, dass er zu Unrecht abge- mahnt wird, der kommt mit fünf weiteren kur- zen Fragen zu einem fertigen Formbrief. Dieser beschreibt anhand der Antworten auf die Fragen kurz und freundlich, warum der Betro¬ene die Urheberrechtsverletzung nicht begangen haben kann. Außerdem fordert er den Anwalt auf, seine Abmahnung zurückzunehmen. Der Brief muss nur noch ausgedruckt und an den abmahnenden Anwalt geschickt werden. Ein Versuch, Abmahner abzuschrecken „Gerade Freifunker, Betreiber von Flüchtlings- unterkün„en und Freiwillige aus der Torcom- munity sind nicht selten Leidtragende von unbe- rechtigten Abmahnungen, die das Anbieten von Infrastruktur für freie und o¬ene Netze zuneh- mend erschweren“, schreiben CCC und Freifunk. Sie meinen Fälle, in denen die Betreiber solcher Infrastruktur für angebliche illegale Downloads der Nutzer abgemahnt werden. „Dagegen wollen und sollten wir uns wehren.“ Rechtlich ist der mit dem Abmahnbeantworter erstellte Formbrief ein erster Schritt zu einer so- genannten negativen Feststellungsklage. Er zwingt den abmahnenden Anwalt, seine Abmah- nung zurückzunehmen. Tut er das nicht fristge- recht, kann der Brief die Grundlage der Feststel- lungsklage sein – bei der der abmahnende Anwalt vor Gericht beweisen müsste, dass der Abgemahnte die Vorwürfe wirklich begangen hat. Für die Kanzlei ist das sehr viel aufwändiger als eine einfache Abmahnung. Die Seite sei ein Versuch, etwas gegen das Ge- schä„smodell der Massenabmahnungen zu tun, schreibt der CCC. Das lebe von unberechtigten Forderungen, die von eingeschüchterten Un- schuldigen aus Sorge unwidersprochen begli- chen werden. „Der Abwehraufwand für zu Un- recht Abgemahnte sinkt, während der Aufwand für die automatisiert abmahnenden Kanzleien steigt – mit jedem Widerspruch, den sie erhal- ten.“ QUELLE: http://www.zeit.de/digital/internet/2016-08/urheberrecht-abmahnung-geschaeft-chaos-computer-club-hilfe ; (abgerufen am 10.05.2017) 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 Sprach- reflexion 4 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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