sprachreif 4, Schulbuch

115 Und enden tut das Buch mit einem komischen Brief. […] Es geht um Abschaum, Krätze und Verachtung. Na ja, der Brief, also den hat, wie man jetzt weiß, leider gar nicht die Hegemann geschrie- ben. Das ist ein Song von der Band „Archive“, den sie einfach übersetzt hat. Keine Ahnung, was das soll. […] also die weiß, dass sie Mist geschrieben hat, und denkt sich: Hi hi, ihr kau„’s ja trotzdem. […] Ich trau dieser Autorin gar nicht zu, das Buch bewusst so schlecht geschrieben zu haben. […] Die kann das ja gar nicht ernstha„ verteidigen, weil’s so schlecht ist. Also für mich jeden- falls. […] ein Freund von mir, der hat’s gelesen, und was der so unsym- pathisch fand, waren diese angeblichen Tabubrüche. Die sind so berechnet, dass sie letztlich nur anbiedernd sind, sagt er. Aber mir kommt es auch so vor, als ob alle jetzt eifersüchtig wä- ren. Weil die die Erste ist, mit so einem coolen Berlin-Buch. Für den Hype kann die ja nichts. Ich jedenfalls bin auf alle Fälle ziem- lich neidisch. Ich hätte auch gern so was geschrieben, was dann alle lesen. So geht’s bestimmt vielen jungen Leuten. Die Haupt²gur besitzt keine Leidenscha„ mehr. Die hat alles Kindliche oder Jugendliche abgelegt. Vielleicht ist es ja deshalb so langweilig. Es geht immer nur um die Sinnlosigkeit von allem. Wofür lebt diese Mi„i eigentlich? Man liest das mit einem totalen Widerwillen. Es klingt auch alles so blöd. Das ist doch keine Sprache! Sie pumpt die Sätze mit lauter Fremdwörtern auf und will damit wohl ihre Überlegenheit zeigen. Ich glaub aber nicht, dass eine Übersetzung irgendeinen Sinn ergeben würde. Und dann diese komische Jugendsprache. Ich hab jedenfalls nie einen gehört, der ernstha„ so sprechen würde. Außer vielleicht als Verarschung. Die bricht so viele Tabus wie möglich. Das ist, als ob du Essen machst, und da kommt ein Brei raus, der scheiße schmeckt, und in den tust du dann tonnenweise Salz, damit das keiner merkt. Aber es scheint zu funktionieren. Das zeigt das Pharisäertum der Lesergemeinscha„. […] das Dumme ist: Jetzt geht der Jugendhype so richtig los, jetzt schreiben die 14-Jährigen die Schocker, und wir sind längst zu alt dafür. 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 QUELLE: http://www.tagesspiegel.de/kultur/literatur/axolotl-roadkill-rufschaedigend-ist-das/1722492.html ; (abgerufen am 18.04.2017) Literarische Bildung Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=