sprachreif 3, Schulbuch

61 Rhetorische Stilfiguren und Tropen Bereits aus sprachreif 2 , Sonderseiten 38 und 39, und aus dem sprachreif-Arbeitsheft für Rechtschrei- bung, Grammatik und Stil (S. 88 ff.) kennen Sie die häufigsten rhetorischen Stilfiguren und Tropen, die Sie hier nochmals aufgelistet finden. Wortfiguren: Akkumulation: Wörter werden unter einem (nicht ge- nannten) Oberbegriff aneinandergereiht: Nenn’s Glück! Herz! Liebe! (J. W. v. Goethe: Faust I ) Anapher: Wort oder Wortgruppe wird jeweils am Beginn zweier Absätze/Sätze/Verszeilen wiederholt: Ich kenne die Weise, ich kenne den Text, ich kenne auch die Herren Ver- fasser ; (H. Heine: Deutschland. Ein Wintermärchen CAPUT 1 ) Epipher: Wort oder Wortgruppe wird jeweils am Ende zweier Absätze/Sätze/Verszeilen wiederholt: Doch alle Lust will Ewigkeit, will tiefe, tiefe Ewigkeit! (F. Nietzsche: Also sprach Zarathustra ) Paraphrase: Zusätzliche erklärende Beschreibung: Bundespräsident = Staatsoberhaupt der Republik Öster- reich Palindrom: Ein Wort/Name/Satz, das bzw. der von vorne oder von hinten gelesen werden kann: Kajak, Otto; Na- men nenne man! Geminatio (Verdopplung): Dasselbe Wort/dieselbe Wortgruppe wird unmittelbar hintereinander wiederholt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? (Mk 15,34; Mt 27,46) Figura etymologica: Wiederholung des Wortstammes: das Leben leben, Träume träumen, Spiele spielen (J. W. v. Goethe: Erlkönig ) Polyptoton: Abwandlung der Flexionsformen: dir habe ich vertraut, dich habe ich verehrt Paronomasie: Wiederholung eines Wortes mit nur klang- licher Übereinstimmung: Lieber arm dran als Arm ab. Parataxe (gleichrangige Aneinanderreihung): Asyndeton: Bindewortlos: Er muss auf unsere Fragen / ein Vieh, ein Baum, ein Bild, ein Marmor Antwort sagen. (A. Gryphius: Cardenio und Celinde ) Polysyndeton: Bindewort oft wiederholt: Und jede nimmt und gibt zugleich und strömt und ruht. (C. F. Meyer: Der römische Brunnen ) Hypotaxe (untergeordnete Aneinanderreihung): Ver- schachtelte Syntax, zahlreiche Gliedsätze: Er lag auf sei- nem panzerartig harten Rücken und sah, wenn er den Kopf ein wenig hob, seinen gewölbten, braunen, von bogenförmi- gen Versteifungen geteilten Bauch, auf dessen Höhe sich die Bettdecke, zum gänzlichen Niedergleiten bereit, kaum noch erhalten konnte. (F. Kafka: Die Verwandlung ) Klimax (griech. Leiter): Steigerung der genannten Be- griffe: […] das ist schlecht; die Welt wird schlecht, sehr schlecht. (G. Büchner: Woyzeck ) Antiklimax: Gegenteilige Steigerung: Und um den Papst zirkulieren die Kardinäle. Bischöfe. Und um die Bischöfe zirkulieren die Sekretäre […] (B. Brecht: Das Leben des Ga- lilei ) Ellipse: Auslassung von Satzteilen, wenn der Kontext oh- nedies nahe liegt: Erbärmlich auf der Erde lange verirrt und nun gefangen! (J. W. v. Goethe: Faust I ) Zeugma (griech. Joch): Zwei nicht zueinander passende Begriffe oder Satzglieder werden unter dasselbe Prädikat „gespannt“: […] Bis wir gerührt einander ans Herz und unter die Tische gesunken! (H. Heine: Deutschland. Ein Wintermärchen. CAPUT 10 ) Parallelismus: Zwei Satzeinheiten oder Wortgruppen werden parallel angeordnet: Als ich noch ein Kind war, re- dete ich wie ein Kind, dachte ich wie ein Kind, urteilte ich wie ein Kind (1. Kor. 13, 11) Chiasmus (griech. Kreuzung): Wörter werden nicht pa- rallel, sondern kreuzweise angeordnet: Eng ist die Welt und das Gehirn ist weit. (F. Schiller: Wallenstein ) Antithese: Gedanken/Begriffe/Thesen werden gegenüber- gestellt: Wasser und Wein Argumentationsfiguren Interrogatio (rhetorische Frage): Grammatikalisch eine Frage, dem Sinn nach aber eine Scheinfrage, da sie bereits die Antwort enthält: Was ist schon normal? Apostrophe: Sprecherin oder Sprecher wendet sich scheinbar vom Geschehen ab und zu einer imaginären Person hin: O süße Augen, fromme Liebessterne (H. Heine: Buch der Lieder ) Ironie: Widerspruch zwischen intendiertem und sprach- lich ausgedrücktem Sachverhalt → Verstellung! Na, das habt ihr aber mal wieder toll gemacht! Mediale Bildung Sprach­ reflexion Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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