sprachreif 3, Schulbuch

49 Künstliche Beleuchtung führt dazu, dass sich besonders über Städten regelrechte Lichtglocken bilden. Sieben Prozent des gesamten Strom- verbrauchs in Deutschland werden für Innen- und Außenbeleuch- tung aufgewendet. Das entspricht zwei Millionen Tonnen CO 2 oder der vierfachen Energieproduktion des Kernkraftwerks Brockdorf. Licht gibt uns Sicherheit. Aber jeder, der schon mal von einer zu hellen Ampel geblendet wurde oder eine Straßenlaterne vor dem Fenster hat oder von einem übereifrigen Bewegungsmelder geweckt wird, kennt auch die Nachteile. Zu viel Licht lässt die Dunkelheit erblassen. Besonders schlimm finden das die Astronomen, die vor lauter Licht die Himmelskörper nicht mehr sehen: „Die Zahl der sichtbaren Sterne ist in europäischen Großstädten mittlerweile von etwa 3000 auf rund 100 Sterne zurückgegangen“, schreibt Andreas Hänel, Chef der IDA in Deutschland und Direktor im Planetarium am Schölerberg in Osnabrück, in einer Publikation über den Zu- stand der Lichtverschmutzung in Deutschland. Um gute Sternen-Be- obachtungsstandorte zu bewahren und auf das Phänomen der Licht- verschmutzung aufmerksam zu machen, hat die IDA in Deutschland bisher vier Sternenparks zertifiziert. […] An der Einlassschranke steht eine Sternenwarte, von der aus man die Milchstraße auch mit bloßem Auge sehen kann. Eine Umfrage ergab übrigens, dass ein Drittel der Deutschen diese noch nie gesehen haben, bei den unter 30-Jährigen waren es sogar 40 Prozent der Befragten. Natürlich ist Milchstraße-Sehen und Sterne-Gucken nicht überle- benswichtig, aber ein Kulturgut, das uns im Laufe von Jahrtausenden Errungenschaften, wie Orientierung auf See oder den Kalender ge- bracht hat. Heute sehen wir meist lieber auf flirrende Bildschirme in unterschiedlichsten Größen – als nach oben. Verloren geht damit auch das Gefühl für Dunkelheit. Und die ist beileibe nicht immer gleich. Eine Vollmondnacht in schneebedeckter Landschaft kann gleißend hell sein, eine bewölkte Nacht ist deutlich heller als eine unbewölkte, da das Streulicht der Großstädte von Wolken reflektiert wird. Die Nacht hat Kreative, Gauner und Säufer von jeher zu Höchstleis- tungen inspiriert. Ihnen dient die Nacht als Schutzraum, Bühne und produktivste Phase. In seinem Liebeshandbuch Ars Amatoria gab der Dichter Ovid den Kerlen schon vor 2000 Jahren praktische Ab- schlepp-Tipps, die auch heute noch gelten. „Nachts sind Fehler ver- steckt, und kein Gebrechen erkennt man, diese Stunde verschönt jede, wie immer sie sei.“ Der dreimal verheiratete Ovid profitierte seinerzeit sicher von besonders dunklen Nächten. Wie auch immer wir die Nacht nutzen – zum Schlafen allein ist sie nicht da. Ob lesend auf dem Sofa, Sterne zählend, spielend oder lie- bend: Die Nacht lädt uns ein, zu tun, was uns gefällt. Sonne, du hast jetzt Pause – es ist so schön dunkel! Weiterführende Links: www.lichtverschmutzung.de, www.verlustdernacht.de QUELLE: http://www.ksta.de/freizeit/dunkelheit-ein-plaedoyer-zu-beginn-der-winterzeit-nutze-die- nacht-,15190120,28839266.html ; (abgerufen am 10.01.2016) 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 Eine Textanalyse schreiben Schritt 1: Planen Schriftliche Kompetenz Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=