sprachreif 3, Schulbuch

183 publizistische Bedeutung ab. Die einflussreichsten Journalis- ten Washingtons sind heute nicht mehr nur gestandene Re- chercheure oder Kolumnisten der großen Blätter. Es sind auch Blogger und (zum Teil leider auch) atemlose Online-Berich- terstatter. Neue Webseiten wie „Politico“ oder „Huffington Post“ produzieren imMinuten- takt meinungsstarke Texte. Wie viele Follower ein Top-Journa- list auf Twitter vorweisen kann, ist in den USA häufig wichtiger geworden, als die Zahl seiner exklusiven Enthüllungen. Es ist eher unwahrscheinlich, dass diese neuen Größen ge- nauer nachfragen würden, soll- te das Weiße Haus etwa einen Schlag gegen Teherans Atom- programm planen. Und leider ist wahrscheinlich, dass den meisten Medien dafür ohnehin die Ressourcen fehlten. Für sorgfältige Analyse fehlt vielen Reportern die Zeit Denn deren Schrumpfkur geht ungehindert weiter, weit schnel- ler noch als in Europa: „News- week“, das einst den Le- winsky-Skandal enthüllte, existiert nur noch als Online-Ausgabe. „Time“ steht vor einer Umstrukturierung. Die „Washington Post“, verantwort- lich für die Aufklärung des Watergate-Skandals, schreibt Millionenverluste. Die „New York Times“ musste Teile des schicken neuen Redaktions­ gebäudes, das sie sich gebaut hatte, aus Geldmangel wieder verkaufen. Die Online-Ausgabe des renommierten „Atlantic Monthly“, 1857 gegründet, er- regte gerade Aufsehen, weil es einem Journalisten für einen Text ein Honorar von null Dol- lar anbot. Viele amerikanische TV-Sender haben ihre Auslandsberichter- stattung so gut wie eingestellt. NBC, einer der drei größten US-Kanäle, widmete laut einer Studie den Kämpfen in Afgha- nistan im Schnitt rund zwei Mi- nuten pro Woche. Das war im- merhin etwa doppelt so lang, wie den Fernsehnachrichten in den vergangenen Jahren der Irak-Krieg wert war. Für sorgfältige Analyse fehlt vielen Reportern schlicht die Zeit. Ein typischer White-House-Korrespondent wie Chuck Todd von NBCmuss ne- ben seinem Tagesjob twittern, er muss bloggen, er muss seine tägliche einstündige TV-Show moderieren, in der es auch noch die Tagessuppe in der Cafeteria des Weißen Hauses zu ent­ hüllen gilt. So etwas gilt heut- zutage als Exklusivnachricht. […] QUELLE: http://www.spiegel.de/politik/ausland/der-niedergang-der-us-medien-begann-mit-dem-irak-krieg-a-889203.html ; (abgerufen am 25.06.2016) 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 100 102 104 106 108 110 112 114 116 118 120 122 124 126 128 130 132 134 136 138 140 142 Verfassen Sie ausgehend von dem Bericht Die Wahrheit starb zuerst einen Essay von etwa 600 Wörtern zum Thema Massenmedien – Die Vierte Gewalt im Staat . Einige zusätzliche Stichworte finden Sie hier, ergänzende Informationen können Sie z. B. unter http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzei- gen/29159/ recherchieren. Drei klassische Gewalten: Legislative, Exekutive, Judikatur Epoche der Aufklärung: Rousseau spricht von Presse als vierter Säule im Staat 1848 Pressefreiheit: viele Tages- und Wochenzeitungen entstehen Voraussetzungen: Journalistinnen und Journalisten sollen moralisch einwandfrei Bericht erstatten, um als Hüter/innen der Demokratie zu gelten Kontrollfunktion bedeutet ein hohes Maß an fachlicher Eignung bzw. Kompetenz Probleme: •• keine verfassungsrechtliche Verankerung der Kontrollfunktion (Wer prüft Kompetenz der Journalistinnen und Journalisten?) •• Prioritäten von Verkauf und Auflage •• Wer kontrolliert die Medien? Ist die Medienvielfalt aus­ reichend? Andere These: Medien sollen meinungsbildend wirken, Bürgerin- nen und Bürger sollen umfassend informiert sein – Wer kann das wie leisten? A37  Ó Literarische Bildung Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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