sprachreif 3, Schulbuch

128 sind sonst gewöhnlich nur zwölf. Zu den übri- gen. Bitte, meine Herren! Er und die Zurückgebliebenen, mit Ausnahme von Hjalmar und Gregers, gehen durch den Hin- tergrund rechts ab. Hjalmar, der das Gespräch gehört hat . Du hättest mich nicht einladen sollen, Gregers. Gregers. Was! Es heißt ja doch, die Gesellschaft sollte mir zu Ehren sein. Und da hätte ich mei- nen einzigen und besten Freund nicht bitten sol- len – Hjalmar. Aber ich glaube, es ist deinem Vater nicht recht. Ich komme ja sonst nie hier ins Haus. Gregers. Ja, das höre ich. Aber ich musste dich doch sehen und sprechen; denn ich reise ja doch bald wieder ab. – Ja, du, – wir zwei alten Schul- kameraden – wir sind allerdings recht sehr aus- einander gekommen. Wir haben uns an die sechzehn, siebzehn Jahre nicht gesehen! Hjalmar. Ist das schon so lange her? Gregers. Allerdings. Na, wie geht es dir denn? Du siehst gut aus. Du bist sehr stark geworden. Hjalmar. Hm, stark kann man das wohl nicht nennen. Aber natürlich sehe ich männlicher aus als dazumal. Gregers. In der Tat. Dein Äußeres hat nicht gelit- ten. Hjalmar in düsterem Ton . Aber, du, das Innere! Das sieht anders aus, kannst du glauben! Du weißt doch, wie schrecklich es mit mir und den Meinen bergab gegangen ist, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Gregers leiser . Wie geht es denn deinem Vater jetzt? Hjalmar scheu . Mein Lieber, darüber wollen wir lieber nicht reden. Mein armer, unglücklicher Vater lebt natürlich bei mir. Er hat ja auf der wei- ten Welt keine andere Zufluchtsstätte. Aber, siehst du, über diese Geschichte zu reden, das fällt mir grauenhaft schwer. – Sag’ mir lieber, wie ist es dir da oben auf dem Werk gegangen. Gregers. Himmlisch einsam habe ich gelebt, – hatte viel Muße, über dies und das nachzuden- ken. – Komm her, wir wollen es uns bequem machen. Er setzt sich in einen Lehnstuhl am Kamin und nötigt Hjalmar in einen daneben stehenden. Hjalmar weich . Trotz alledem sage ich dir Dank dafür, Gregers, dass du mich an deines Vaters Tisch geladen hast; denn nun weiß ich doch, dass du nichts mehr gegen mich hast. Gregers verwundert . Wie kommst du auf den Gedanken, ich könnte etwas gegen dich haben? Hjalmar. In den ersten Jahren war es doch der Fall. Gregers. In welchen ersten Jahren? Hjalmar. Nachdem das große Unglück gesche- hen war. Und es war ja auch nur zu natürlich. Es hing ja doch nur an einem Haar, und Dein Vater wäre mit in diese – o, diese schrecklichen Ge- schichten hineingezogen worden! Gregers. Und deshalb sollte ich etwas gegen dich haben? Wer hat dir das eingeredet? Hjalmar. Ich weiß, du hattest etwas gegen mich, Gregers; denn dein Vater selbst hat es mir gesagt. Gregers stutzt . Mein Vater! Ja so. Hm. – Und nur deshalb hast du nie wieder etwas von dir hören lassen – kein Sterbenswörtchen? Hjalmar. Ja. Gregers. Nicht einmal zu der Zeit, als du Foto- graf wurdest? Hjalmar. Dein Vater sagte, es lohne sich der Mühe nicht, dir über dies und anderes zu schrei- ben. Gregers sieht vor sich hin. Nein, nein – kann sein, dass er darin recht hatte. Aber sag‘ mir jetzt, Hjalmar, – befriedigt dich deine Stellung eini- germaßen? Hjalmar seufzt leicht . Ach ja, weshalb nicht; kann eigentlich nicht klagen. Im Anfang kam es mir freilich ein bisschen seltsam vor, weißt du. Ich kam ja in so ganz andere Verhältnisse. Aber mein ganzes anderes Leben war ja auch so völlig verändert. Der große unglückselige Ruin meines Vaters, – die Schande und der Skandal, Gre- gers – Gregers bewegt . Jawohl, ja. Jawohl. Hjalmar. Meine Studien fortzusetzen, daran konnte ich doch nicht denken. Kein Pfennig war übrig geblieben; im Gegenteil, eher noch Schul- den, – zumal bei deinem Vater, glaube ich – Gregers. Hm – Hjalmar. Na, also da hielt ich es für das Beste, – so mit einem Ruck, siehst du, – mich aus allen alten Verhältnissen und Verbindungen heraus- zureißen. Ganz besonders dein Vater riet mir dazu; und da er sich meiner so hilfreich an- nahm – Gregers. Hat mein Vater das getan? 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 100 102 104 106 108 Literarische Bildung 4  Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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