sprachreif 3, Schulbuch

116 Suchen Sie unter www.duden.de nach den Begriffen „Ironie“ und „Sarkasmus“ und erklären Sie sie anschließend in eigenen Worten. Geben Sie auch jeweils ein Beispiel. Information und Unterhaltung Im Bereich der unterhaltenden Literatur mischen sich oft die Textfunktionen „unterhalten“ und „informieren“. In diesem Fall kann es uns als Leserinnen und Lesern schwer fallen, diese beiden Bereiche klar voneinander zu trennen. Lesen Sie die folgende Satire von Kurt Tucholsky und fassen Sie anschließend in wenigen Sätzen zusammen, was der Text für Sie aussagt. Vergleichen Sie Ihre Ansichten im Plenum. Kurt Tucholsky: Kapitel 8 Kurzer Abriss der Nationalökonomie Nationalökonomie ist, wenn die Leute sich wun- dern, warum sie kein Geld haben. Das hat meh- rere Gründe, die feinsten sind die wissenschaft- lichen Gründe, doch können solche durch Notverordnungen aufgehoben werden. Über die ältere Nationalökonomie kann man ja nur la- chen und dürfen wir selbe daher mit Stillschwei- gen übergehn. Sie regierte von 715 vor Christo bis zum Jahre 1 nach Marx. Seitdem ist die Frage völlig gelöst: die Leute haben zwar immer noch kein Geld, wissen aber wenigstens, warum. Die Grundlage aller Nationalökonomie ist das soge- nannte „Geld“. Geld ist weder ein Zahlungsmit- tel noch ein Tauschmittel, auch ist es keine Fik- tion 1 , vor allem aber ist es kein Geld. Für Geld kann man Waren kaufen, weil es Geld ist, und es ist Geld, weil man dafür Waren kaufen kann. Doch ist diese Theorie inzwischen fallengelassen worden. Woher das Geld kommt, ist unbekannt. Es ist eben da bzw. nicht da – meist nicht da. Das im Umlauf befindliche Papiergeld ist durch den Staat garantiert; dieses vollzieht sich derart, dass jeder Papiergeldbesitzer zur Reichsbank gehen und dort für sein Papier Gold einfordern kann. Das kann er. Die obern Staatsbankbeamten sind gesetzlich verpflichtet, Goldplomben zu tragen, die für das Papiergeld haften. Dieses nennt man Golddeckung 2 . Der Wohlstand eines Landes be- ruht auf seiner aktiven und passiven Handelsbi- lanz, auf seinen innern und äußern Anleihen sowie auf dem Unterschied zwischen dem Giro des Wechselagios und dem Zinsfluss der Lom- bardkredite 3 ; bei Regenwetter ist das umgekehrt. Jeden Morgen wird in den Staatsbanken der sog. „Diskont“ ausgewürfelt; es ist den Deutschen neulich gelungen, mit drei Würfeln 20 zu tru- deln. Was die Weltwirtschaft angeht, so ist sie ver- flochten. Wenn die Ware den Unternehmer durch Verkauf verlassen hat, so ist sie nichts mehr wert, sondern ein Pofel , dafür hat aber der Unternehmer das Geld, welches Mehrwert ge- nannt wird, obgleich es immer weniger wert ist. Wenn ein Unternehmer sich langweilt, dann ruft er die anderen und dann bilden sie einen Trust , das heißt; sie verpflichten sich, keinesfalls mehr zu produzieren, als sie produzieren können so- wie ihre Waren nicht unter Selbstkostenver- dienst 4 abzugeben. Dass der Arbeiter für seine Arbeit auch einen Lohn haben muss, ist eine Theorie, die heute allgemein fallengelassen wor- den ist. Eine wichtige Rolle imHandel spielt der Export 5 . Export ist, wenn die anderen kaufen sollen, was wir nicht kaufen können; auch ist es unpatri- otisch, fremde Waren zu kaufen, daher muss das Ausland einheimische, als deutsche Waren kon­ sumieren, weil wir sonst nicht konkurrenzfähig sind. Wenn der Export andersrum geht, heißt er Import, welches im Plural eine Zigarre ist. Weil billiger Weizen ungesund und lange nicht so be- kömmlich ist wie teurer Roggen, haben wir den Schutzzoll 6 , der den Zoll schützt sowie auch die deutsche Landwirtschaft. Die deutsche Land- wirtschaft wohnt seit fünfundzwanzig Jahren am Rande des Abgrunds und fühlt sich dort ziem- lich wohl. Sie ist verschuldet, weil die Schwer- industrie ihr nichts übrig lässt, und die Schwer- industrie ist nicht auf der Höhe, weil die Landwirtschaft ihr zu viel fortnimmt. Dieses A13  Ó A14  2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 Text- kompetenz 4  Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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