sprachreif 2, Schulbuch
9 helle aptgrunt, auch alles, das leben vnd wesen hat, sey euch vnholt, vngunstig vnd fluchent euch ewigclichen! Jn boßheyt versinckent, jn je- merigem ellende verswindent vnd jn der vnwi- derbringenden swersten acht gottes, aller lewte vnd ieglicher schoppfung alle zukunftige zeytt beleybt! Vnuerschampter boßwicht, ewer bose gedencknüß lebe vnd tawr hin on ende! Geraw vnd vorchte schaiden von euch nit, jr wont, wo jr wonent! Von mir vnd allermennigclichen sei vber euch ernstlich zetter geschrien mit gewun- denen henden! Auen, der Hölle Abgrund, auch alles, was Leben und Wesen hat, sei Euch feind, missgünstig und verfluche Euch in alle Ewigkeit! In Schlechtigkeit geht unter, in jämmerlicher Unbehaustheit schwindet hin, und in der unwiderruflichen strengsten Ächtung durch Gott, alle Menschen und sämtliche Geschöpfe haltet aus für alle Zu- kunft! Schamloser Bösewicht, Euer böses Ange- denken lebe und dauere ohne Ende! Angst und Schrecken trennen sich von Euch nicht, Ihr seid, wo Ihr seid! Von mir und der Allgemeinheit sei über euch wahrhaft Zeter 2 geschrien mit gewun- denen Händen! 1 Dauerndes Wogen im Wind, z. B. des Meeres oder eines Getreidefeldes 2 Mittelhochdeutsch: „herbei zur Vergeltung“, eigentlich ein Hilferuf bei Raub oder Diebstahl: Zeter und Mordio schreien = um Hilfe schreien. 14 16 18 20 22 24 14 16 18 20 22 24 NEUHOCHDEUTSCH: Johannes von Tepl: Der Tod. Das 2. Kapitel. Hört, hört, hört, neue Wunder! Grauenhafte und unerhörte Anklagen richten sich gegen uns. Von wem die kommen, das ist uns ganz unbekannt. Doch Drohen, Fluchen, Zeterschreien, Hände- winden und alle Angriffe haben wir bislang all- seits gut überstanden. Gleichwohl, mein Sohn, wer Du auch bist, gib dich zu erkennen und tu kund, was für ein Leid Dir von uns widerfahren sei, um dessentwillen Du uns so ungebührlich behandelst, wie wir es von früher her kaum ge- wohnt sind, obwohl wir manchen beschlagenen, hochstehenden, ansehnlichen, mächtigen, wich- tigen Leuten den Garaus gemacht haben, wo- durch Witwen und Waisen, Ländern und Leuten Leid zur Genüge zugefügt wurde. Du tust ganz so, als ob es Dir ernst sei und Dich Not heftig bedränge. Deine Anklage ist ungeformt und un- gereimt, woraus wir schließen, Du wolltest um Form und Reimes willen dein Ansinnen nicht entkräften. Bist Du aber tobsüchtig, rasend, be- täubt oder sonstwie von Sinnen, so warte und halt ein und sei nicht zu schnell dabei, so heftig zu fluchen. Gib acht, dass du nicht Sorgen Dir einhandelst durch späte Reue. Glaube nicht, dass Du unsere herrliche und gewaltige Macht jemals schwächen könntest. Gleichwohl, nenne Dich und verschweige nicht, inwiefern Dir von uns so drückende Gewalt entgegengebracht worden sei. Gerechtfertigt wollen wir werden, gerechtfertigt ist unser Tun. Wir wissen nicht, wessen Du uns so verwegen bezichtigst. 2 4 6 8 10 12 14 16 QUELLE: Tepl, Johannes von: Der Ackermann. Frühneuhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Hg., übersetzt und kommentiert von Christian Kiening. Stuttgart: Reclam 2002. Durchgesehene und verbesserte Ausgabe. S. 6-9. (Rechtschreibung adaptiert) 18 20 22 24 26 28 30 Suchen Sie die Anfeindungen und Anschuldigungen des Ackermannes sowie die Argumente des Todes aus dem Text heraus und notieren Sie diese in einer Tabelle auf ein Blatt Papier. Notieren Sie ebenso, wie der Tod an den Ackermann herantritt und welche „Tipps“ er ihm bezüglich des Streit- gespräches zu geben versucht. An welcher Stelle – wenn überhaupt – erfährt der Tod, warum ihn der Ackermann dermaßen anklagt? A7 Text- kompetenz Mündliche Kompetenz Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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