sprachreif 2, Schulbuch

78 „ Poesie ist die Muttersprache des menschlichen Geschlechts, wie der Gartenbau älter als der Acker, Malerei älter als Schrift, Gesang älter als Deklamation … “ QUELLE: http://www.zeit.de/1955/29/poesie-ist-die-muttersprache ; (abgerufen am 02.05.2015) Diskutieren Sie mit Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner, was dieses Zitat über Poesie aussagen möchte. Verfassen Sie anschließend eine kurze Erklärung in der Länge von zwei bis drei Sätzen dazu. Viele literaturtheoretische Texte beschäftigen sich mit dem Aufbau von literarischen Werken, typi- schen Merkmalen oder Analysemöglichkeiten. Sie sind nicht immer einfach zu verstehen, enthalten aber oft wichtige Informationen und Denkansätze. Wenn Sie lernen, mit solchen Texten gut umgehen zu können, verschafft Ihnen das einen großen Vorteil, da Sie im Laufe Ihres Lebens sicher mit vielen Sachtexten zu tun haben werden. Der folgende Sachtext dreht sich um die Erzählperspektive und die Frage, welches Verhältnis der jeweilige Erzähler zu den anderen auftretenden Figuren hat. Stellen Sie Fragen zum folgenden Text, schreiben Sie diese in die Box neben dem Text und unterstrei- chen Sie die Passagen, in denen die Antworten zu finden sind. A11 B A12 Kategorie der Erzähltextanalyse: Verhältnis des Erzählers zu den (anderen) Figuren des Erzählten: Kennt er Fremd- psychisches oder nicht? Die Erzählperspektive betrifft also in erster Linie die Frage, ob der Erzähler die Gedanken, Wünsche, Sehnsüchte, Ziele, Grundein- stellungen, Träume usw. der anderen Figuren, also die verschiede- nen Elemente und Momente ihres „Inneren“, ihrer „Psyche“ kennt – genauer: ob er diese Kenntnis erkennbar bei seiner Erzählung verwendet – oder ob er keine solche Kenntnis hat bzw. sie nicht verwendet. Zu bedenken ist freilich, dass sowohl der Erzähltext als auch der Erzähler Konstrukte (des Autors bzw. des Literaturwissenschaft- lers) sind, das Gleiche gilt womöglich auch für die Annahme ei- ner „Psyche“ oder eines „Inneren“ – und mit Sicherheit für die Annahme, dass man „in anderer Leute Kopf hineinschauen“ kön- ne. An der Textoberfläche zu unterscheiden ist aber sehr wohl, ob der Erzähler die Gedanken Dritter wiedergibt oder ob er dies un- terlässt. Im ersten Fall spricht man ihm Innensicht zu, andernfalls hat er (nur) Außensicht . Beides verhält sich nicht ganz symmetrisch zueinander, denn Au- ßensicht muss wohl jedem Erzähler zugeschrieben werden, wäh- rend Innensicht ein zusätzliches Vermögen bestimmter Erzähler darstellt. Die Opposition stellt sich also eher als eine von nur Au- ßensicht hier und Innensicht dort dar. Die Unterscheidung von Außen- und Innensicht kann aber natür- lich nur dann von Belang sein, wenn überhaupt von Figuren er- 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 Text- kompetenz Literarische Bildung 3 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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