Zeichen 4, Schulbuch
Zerstörte Städte 78 Tenochtitlán Die Stadt gibt es nicht mehr. Schon drei Jahre, nachdem die ersten Menschen aus Europa sie betreten hatten, lag sie in Schutt und Asche. Ihre Bewohnerinnen und Bewohner waren tot, vertrieben oder versklavt. Auf den Ruinen entstand eine neue Siedlung nach den Plänen der Eroberer. Sie ist heute eine der größten Städte der Welt: Mexico-City. Wertvolle Gegenstände aus den Tempeln und Palästen Tenochtitláns – so hieß die alte Hauptstadt des Indianerreiches Mexico – wurden geraubt oder zerstört. Edelsteine brach man aus ihren Fassungen, Schmuck und Kunstwerke aus Gold wurden eingeschmolzen und zu Barren gegossen. So ließ sich die Beute leichter stapeln und transportieren. Was der Ver- nichtung entging, findet sich heute zerstreut in Museen und Sammlun- gen an vielen Orten der Welt. Fresko In einem großen Fresko gibt uns der mexikanische Maler Diego Rivera (1886–1957) Einblicke in das Alltagsleben der Stadt Tenochtitlán. Die Stadt selbst und die umliegende Landschaft sind im Hintergrund des Bildes dargestellt (Abb. 1). Das Bild der Stadt Tenochtitlán, wie Rivera es schildert, kennen wir aus Beschreibungen der spanischen Eroberer, die in den Jahren 1519 bis 1521 das alte Reich der Azteken besetzten. Hernán Cortés, der Leiter des Unter- nehmens, und Leute aus seinem Gefolge haben schriftliche Berichte ver- fasst und manchmal auch Zeichnungen angefertigt. Einige dieser Zeug- nisse sind bis heute erhalten geblieben. Montezumas Krone? Das Weltmuseum (früher: Völkerkundemuseum) in Wien bewahrt neben anderen Schätzen auch eine prachtvolle Federkrone (Abb. 2). Sie ist die einzige erhaltene Krone eines Fürsten oder Priesters aus dem alten Mexiko. Dass der letzte Kaiser der Azteken, Moteczuma II. (= Motecuhzoma, Moctezuma, Montezuma) sie selbst getragen habe, wie man früher glaubte, wurde von der Forschung widerlegt. 2 Aztekische Federkrone aus Mexiko, frühes 16. Jh., heute im Weltmuseum in Wien Tenochtitlán Es gibt Städte und Staaten, die wir nicht mehr besuchen können. Ihre SpurenfindenwirnurnochalsRuinen,alsarchäologischeGrabungsstätten oder in den Vitrinen unserer Museen. Viele alte Kulturen wurden von europäischen Mächten zerstört, die jahrhundertelang große Teile der Welt kontrollierten und ihrer Vorherrschaft unterwarfen. Was damals gering geschätzt und oft bedenkenlos vernichtet wurde, bringt uns heute zum Staunen. Wir sollten für die Zukunft aus unserer Geschichte lernen. 1 Diego Rivera: Die große Stadt Tenochtitlán, Fresko (4,92 × 9,71 Meter) im Palacio Nacional, Mexiko-Stadt, 1945 (Ausschnitt) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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