Zeichen 4, Schulbuch
76 Information gegen Unverständnis Viele der von Beuys durchgeführten Projekte stießen zunächst auf Unverständnis. Manche Menschen reagier- ten auf die Aktionen des Künstlers sogar mit Aggression (Abb. 7). Beuys verwendete viel Zeit dafür, in zahllosen Gesprächsrunden seine Arbeit und seine Absichten verständlich zu machen. Aktion und Zeichen In seinen Objekten und Aktionen nutzte Beuys den Symbolwert von Dingen und Materialien, aber auch die bildhafte Bedeu- tung von Situationen und Handlungen. Vieles ist nur in dem Zusammen- hang verständlich, in dem eine Arbeit geplant und ausgeführt wurde. Vor allem ungewohnte Materialien – Beuys verwendete zum Beispiel Fett, Honig, Filz und verschiedene gefundene Gegenstände – werden erst in Verbindung mit einer seiner Aktionen als visuelle Hinweise lesbar. I like America Eines seiner bekanntesten Projekte realisierte Beuys 1974 in New York. Der Künstler ließ sich direkt vom Flughafen in einem Kran- kenwagen zu einer Galerie bringen und dort drei Tage und drei Nächte lang Die Soziale Plastik Beuys war als Bildhauer, Objektkünstler und Zeichner bekannt geworden. Er hatte aber nicht nur nach neuen künstlerischen Ausdrucks- möglichkeiten gesucht, sondern immer wieder auch darüber nachgedacht, welchen Sinn Kunst eigentlich habe. Seine Theorien und Überzeugungen versuchte er in Objekten, Aktionen und Vorträgen verständlich zu machen. Auch die Aktion „7.000 Eichen“ sollte zeigen, was unter dem Begriff „Kunst“ gegen Ende des zweiten Jahrtausends zu verstehen sei. Das Ziel seiner Arbeit bezeichnete Beuys als „Soziale Plastik“. Nicht der Stein oder andere Materialien seien das eigentliche Material seiner „Bildhauerei“, sondern die Menschen selbst. Das vom Künstler ausgeführte oder erdachte Projekt sei nicht wirklich wichtig, sondern nur das, was es bei den Menschen bewirkt. Kunst ist ein Hilfsmittel, durch das die Menschen ihre eigenen gestalterischen Fähigkeiten erfahren und sie zum selbstständigen Handeln nutzen können. „Jeder Mensch ist ein Künstler.“ Erst wenn alle Menschen die Möglichkeit haben, ihr Leben, ihre Umwelt, ihre Ideen frei zu bestimmen und zu gestalten, ist die „soziale Plastik“ und damit der eigentliche Sinn der Kunst verwirklicht. Friedenshase und Zarenkrone Im Rahmen der „documenta 7“ präsentierte Joseph Beuys bei einer Pressekonferenz die Nachbildung einer Krone, die einst der russischen Zar Iwan IV. , genannt „der Schreckliche“, getragen hatte (Abb. 8). Beuys kündigte an, die Krone zu zerlegen, das Metall einzuschmelzen und daraus ein Friedenssymbol zu gießen. Unter großem Medieninteresse wurde das Projekt durchgeführt. Die Ergebnisse waren eine ca. 30 cm große Hasenfigur und eine kleine Sonne. Unter dem Titel „Der Friedenshase und Zubehör“ wurden diese Objekte an einen Sammler verkauft. Den Erlös, in heutiger Währung immerhin fast 400.000 Euro, stiftete Beuys als Bei- trag zur Finanzierung der Aktion „7.000 Eichen.“ Finanzierung „7.000 Eichen“ kostete in Summe rund 2,2 Millionen Euro. Beuys hatte gehofft, einen Großteil der benötigten Gelder durch Spenden aufbringen zu können. Diese Form der Geldbeschaffung dauerte aber sehr lange und reichte schließlich bei weitem nicht aus. Beuys fand auch Sponsoren. Den größten Teil der Kosten aber zahlte der Künstler schließlich selbst. Aktion und Zeichen 7 Von Gegnern beschmierte Steinblöcke auf dem Friedrichsplatz in Kassel, 1982 8 Joseph Beuys mit einer Nachbildung der Krone Iwans des Schrecklichen, 1982 7.000 Eichen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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