Zeichen 4, Schulbuch

68 Erfolgsrezept  Mit seiner Idee, Legenden von Heiligen als Abenteuerge- schichten neu zu erzählen, machte Jakob von Voragine religiöse Themen für viele Leserinnen und Leser interessant. Er hatte großen Erfolg. Sein Buch, das 1264 erstmals erschien, wurde immer wieder neu aufgelegt. Es ist bis heute erhältlich. Voragine schrieb seinen Text in Latein, der damals noch wichtigsten übernationalen Verkehrssprache Europas. Die rasche Verbreitung des Buches und seine Übersetzung in viele Landessprachen wurden dadurch begünstigt. Dass viele Stellen in Voragines Buch fantastisch und unrealistisch wirken, störte die Beliebtheit seiner Erzählungen offenbar nicht. Aber schließlich erfreuen sich auch heute noch Millionen von Menschen an utopischen oder märchenhaften Geschichten. Bücher und Bilder  Die wenigen Menschen, die im Spätmittelalter lesen konnten oder in der Lage waren, sich vorlesen zu lassen, gehörten zu einer gehobenen und einflussreichen Gesellschaftsschicht. Sie waren auch die einzigen, denen Texte oder Bilder, die keine religiösen Inhalte hatten, zu- gänglich waren. Die von dieser Oberschicht seit dem Hochmittelalter ge- schätzte Literatur ( höfischer Roman, höfisches Epos) lieferte später die Themen sogenannter Volksbücher, in deren Umfeld auch die „Legenda aurea“ entstand. Die Themen der Literatur wurden auch zu Themen der bildenden Kunst. Bilder und Botschaften  Menschen, die nicht lesen konnten, waren auf Erzählungen oder Bilder angewiesen. Um die Bildinhalte zu verstehen, mussten aber auch sie die dargestellten Geschichten kennen. Da die Quellen der Maler sich nicht auf die Heilige Schrift beschränkten, liefer- ten ihre Gemälde neben religiöser Unterweisung auch Einblicke in Lebensweise, Ansichten und Interessen der adeligen Oberschicht. Verein- zelt wurden auch Szenen oder Gegenstände aus dem Alltag einfacher Leute gezeigt. Betrachterinnen und Betrachter konnten ihre Zeit und deren Gesellschaftsordnung in den Bildern wiedererkennen. Wenn Hei- lige, die ja religiöse Vorbilder waren, als adelige Herrschaften dargestellt wurden, trug das vielleicht mit dazu bei, dass die großen Unterschiede und Ungerechtigkeiten der mittelalterlichen Gesellschaft als gottgege- ben erklärt und hingenommen wurden. Die überwältigende Mehrheit der Menschen kannte nur die Bilder, die in den Kirchen aufgestellt waren, und die Botschaften, die durch sie vermit- telt wurden. Dieser Umstand erklärt einen Teil der Kraft und der Wirkung, die diese Bilder ursprünglich hatten. Die Inschrift  Auf den Rahmenleisten, die zwischen den einzelnen Bildta- feln des Magdalenenaltars angebracht wurden, befinden sich goldene Verzierungen. Sie bestehen zum Großteil aus seltsam geformten Schrift- Bucher, Geheimschriften, Bilder 14  Magdalenenaltar von Tiefenbronn: Trennleisten zwischen den Tafeln des Mittelfeldes 15  Zwei Ausschnitte aus den Inschriften auf den Trennleisten: Name und Herkunftsort des Malers 16  Umzeichnung der senkrechten Trenn- leisten und Wortlaut der Inschriften LUCAS MOSER MALER VON WIL MAISTER DEZ WERX BIT GOT VIR IN schri kunst schri und klag dich ser din begert iecz niemen mer so o we 1432 Bestseller und neue Medien Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv

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