Zeichen 4, Schulbuch
Gestochen, geätzt, gekratzt 46 Neue Medien Zur Zeit der Entwicklung des Buchdrucks befand sich auch die Kunst im Umbruch: Der Wunsch, die sichtbare Wirklichkeit möglichst genau und körperhaft darzustellen, wurde immer stärker (vgl. Zeichen 4: Ein Bild wie die Wirklichkeit). Die Wiedergabe von stufenlosen Hell-Dun- kel-Modellierungen war im Holzschnitt wegen der Brüchigkeit des Mate- rials allerdings nur beschränkt möglich. Für diese Feinheiten war ein anderes Druckverfahren, das sich seit etwa 1420 aus den Gravierarbeiten der Goldschmiede entwickelt hatte, besser geeignet: der Kupferstich . Bei dieser Technik wird die Zeichnung seitenverkehrt auf eine glatt polierte Kupferplatte übertragen. Die Linien werden mit dem Grabstichel aus dem Metall „herausgepflügt“ (Abb. 1, 2). Die fertig gravierte Platte wird mit Druckerschwärze eingerieben, dann wieder blank gewischt, sodass die Farbe nur in den feinen Furchen haften bleibt. Nun wird die Platte mit einem angefeuchteten, saugfähigen Papier und einem Filztuch bedeckt und durch die Walzenpresse gezogen. Durch den starken Druck wird das weiche Papier in die Vertiefungen gedr ckt, sodass es die Druckerschwärze heraussaugt. Da bei dieser Technik die druckenden Teile nicht – wie z. B. beim Holzschnitt – erhöht, sondern vertieft liegen, spricht man von einem Tiefdruckverfahren . 1 Grabstichel, 1761 2 Arbeitschritte beim Kupferstich „Herauspfl gen“ der Linie mit dem Grabstichel Einfärben mit einem Tampon Auswischen mit dem Handballen Druck in der Walzenpresse Filz Papier 3 Hell-Dunkel-Übergänge und Querschnitt einer Platte Tiefdrucktechniken im 16. und 17. Jahrhundert Unsere Gegenwart ist von einer gewaltigen Bilderflut gekennzeichnet. Durch Presse, Fernsehen und Internet werden Fotografien millionenfach reproduziert. Dieses Bedürfnis, Bilder zu vervielfältigen, hat eine etwa 600 Jahre alte Entwicklungsgeschichte. Sie begann im frühen 15. Jahr-hundert, als einfache Motive für Andachtsbilder und Spielkarten in kleine Holz- brettchen geschnitten, eingeschwärzt und gedruckt wurden (vgl. Zeichen 1: „… des Helffandt todt feyndt“). Durch die Erfindung des Buchdrucks um 1455 erweiterten sich die Anwendungsmöglichkeiten für den Holzschnitt, denn der Bedarf an illustrierten Texten wuchs rasch an. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=