Zeichen 4, Schulbuch

43 12  André Kertesz: Die Gabel, 1928 Experimente  Besonders enge Verwandtschaften mit den damaligen Kunstströmungen weisen die sogenannten Fotogramme auf: Das sind Bilder, die ohne Kamera erzeugt werden. In der Dunkelkammer werden Gegenstände auf ein Fotopapier gelegt und belichtet, sodass die „Schat- ten“ der Gegenstände schließlich als weiße Flächen erscheinen. Manche kann man erkennen (etwa die Glühbirne oder den Lampenschirm in Abb. 13), andere ergeben abstrakte Formen. Als der amerikanische Künstler Man Ray (1890–1976) seine ersten Ergebnisse in Paris im Jahr 1922 präsen- tierte, gab er ihnen den Namen „Rayographien“. Er wusste nicht, dass andere Künstler mit diesem Verfahren schon experimentiert hatten: der Maler Christian Schad (ab 1918) und der Bauhaus -Lehrer Moholy-Nagy (ab 1920). Die Kombination verschiedener Materialien und das Spiel mit dem Zufall waren damals häufig verwendete künstlerische Mittel ( Kubismus , Dada , Surrealismus ; vgl. Zeichen 2: Bilder im Kopf). Fotografiere dich selbst oder eine andere Person aus ungewöhnlichen Blickwinkeln. Lege die Kamera auf den Boden und bediene sie mit einem Fernauslöser. Beurteile die vom Zufall mitbestimmten Ergebnisse im Hinblick auf interessante Kompositionsformen. Stiegenhäuser können wie abstrakte Bilder wirken, wenn du sie steil nach oben oder nach unten fotografierst. Stelle einige Gegenstände so ins Sonnenlicht, dass ihre Formen mit den Formen ihrer Schlagschatten eine spannungsvolle Beziehung bilden. Vielleicht gibt es in deiner Schule ein Fotolabor, in dem du „Fotogramme“ herstellen kannst. Gläser und andere transparente Materialien ergeben oft reizvolle Effekte. Aber auch der Kopierapparat könnte für ähnliche Experimente genutzt werden. Surrealistische Foto montagen lassen sich mit Schere und Klebstoff, aber auch mit dem Computer herstellen. Suche nach einer Zusammenstellung, die eine geheimnisvolle Stimmung ausdrückt. Abstrakt  Christian Schad (1894–1982) nannte seine fotografischen Material- experimente „Schadographie“, Moholy- Nagy prägte für seine Arbeiten, in denen er grafische und fotografische Elemente kombinierte, den Begriff der „Fotoplastik“. Surreal  Das Zusammenfügen von Bildelementen war schon in der Fotografie des 19. Jahrhunderts üblich. Aber während es Rejlander und Robinson um das Vortäuschen einer Ganzheit gegangen war, strebte man jetzt das Gegenteil an. Das Aufeinandertreffen von Nicht-Zusammengehörigem sollte Irritation auslösen. Der aus Österreich stammende Bauhaus -Lehrer Herbert Bayer (1900–1985) schuf mit seinem indirekten Selbstporträt „Einsamer Großstädter“ eine Fotomontage , die an die rätselhafte Stimmung surrealistischer Gemälde erinnert. 14  Herbert Bayer: Einsamer Großstädter, 1932 13  Man Ray: „La Maison“, Rayographie, 1931 v.Chr. 0 500 1000 1500 heute Herbert Bayer (1900–1985) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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