Zeichen 4, Schulbuch

13 Selbstdarstellung  Der Kupferstecher Salomon Kleiner schuf eine 90 Tafeln umfassende Dokumentation mit dem typisch barocken Titel: „Wunderwür- diges Kriegs- und Siegs-Lager deß Unvergleichlichen Heldens Unserer Zei- ten Eugenii Francisci Hertzogen zu Savoyen und Piemont.“ Dieser Titel macht deutlich, dass das Belvedere nicht bloß als hübscher Wohnsitz gedacht war, sondern als repräsentative Selbstdarstellung eines erfolgrei- chen Feldherrn und Staatsmannes. Wiederherstellung  Die Abbildungen 2, 5 und 7 zeigen Illustrationen aus dem Bildband Salomon Kleiners. Sie geben uns eine gute Vorstellung von der ursprünglichen Anlage und Ausstattung des Gartens, der heute nicht mehr in allen Teilen im originalen Zustand erhalten ist. Seit Jahren wird aber daran gearbeitet, das ursprüngliche Aussehen weitgehend wieder- herzustellen. Historische Ansichten liefern dazu wertvolle Anhaltspunkte. Der Garten  Für die Gestaltung des Gartens wurde der französische Fach- mann Dominique Girard (1680–1738) engagiert. Unmittelbar vor dem obe- ren Schloss liegt eine ebene Fläche, ein sogenanntes Parterre , mit Orna- menten aus farbigem Sand ( Broderie ). Auch der mittlere und der untere Teil des Gartens wurden terrassiert und in ebenes Gelände verwandelt. Auf den dazwischen liegenden, relativ steil abfallenden Geländestufen sprudeln Springbrunnen und künstliche Wasserfälle ( Kaskaden ). Das dafür benötigte Wasser musste von den Ausläufern des Wienerwaldes hergeleitet werden. Auf dem Parterre vor dem Unteren Belvedere gibt es zugeschnittene Bäume und Hecken ( Boskette ), ornamental gestaltete Rasenflächen und figurengeschmückte Bassins . Stadtpalais und Schloss  Auch Prinz Eugen von Savoyen, der Generalissi- mus des Kaisers, kaufte 1693 ein großes, leicht ansteigendes Gelände südlich des Rennwegs. Kurz zuvor, in den Jahren 1695–97, hatte der Prinz durch den Architekten Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656–1723) sein großes Winterpalais in der Innenstadt erbauen lassen. Nun entwarf Johann Lukas von Hildebrandt (1668–1745) die Pläne für eine der ein- drucksvollsten Schloss- und Gartenanlagen der Barock zeit. 1713 wurde mit dem Bau des unteren der beiden Belvedere-Schlösser begonnen, 1721–23 folgte der mächtige Bau des Oberen Belvedere. Seine Lage auf dem höchsten Punkt des Grundstücks eröffnete einen prachtvol- len Ausblick über die Gärten und auf die damals noch ummauerte Altstadt von Wien. 4  Blick über das Untere (im Vordergrund) zum Oberen Belvedere Boulingrin  Ein auffälliges Gestaltungs- element barocker Gärten sind becken- ähnliche Vertiefungen im flachen Gelände. Die ebene Grundfläche und die seitlichen Böschungen sind häufig mit Gras bewachsen. Hinter der französischen Bezeichnung „Boulingrin“ steckt das englische Wort „Bowling Green“: Plätze für Ball-, Kugel- und Kegelspiele. Es gibt auch Boulingrins, die mit geschnittenen Büschen und ornamentalen Blumen- beeten ausgestattet sind. Das belegt, dass die ursprüngliche Zweckbestimmung mitunter keine wirkliche Bedeutung mehr hatte und nur noch der Name erhalten blieb. Im Garten des Belvedere finden wir zwei Rasenplätze dieser Art auch an Stellen, an denen es ursprünglich große Wasserbecken mit Brunnenfiguren gegeben hatte (Abb. 7). Sie wurden 1802 wegen Baufälligkeit abgebrochen und durch die vertieft angelegten Rasenplätze, die bis heute bestehen, ersetzt. 5  Salomon Kleiner: Boskette und Parterre vor dem Unteren Belvedere, 1731 6  Boskette und Boulingrin auf dem Parterre des Unteren Belvedere 7  Salomon Kleiner: Brunnen mit Pluto und Proserpina, vor dem Unteren Belvedere, 1731 (heute verschollen) v.Chr. 0 500 1000 1500 heute ab 1713, Bau des Unteren Belvedere, Wien Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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