Zeichen 4, Schulbuch
11 Kleister In der Stadt begegnet man unentwegt legal und illegal aufge- klebten Bildern und Zeichen. Die Street-Art -Szene hat das Paste it („Kleb’s auf“) entwickelt. Das Aufbringen der Arbeiten geht dabei noch schneller als das Sprayen von Stencils . Die Formate reichen vom kleinen Sticker bis zur großen Wandgestaltung. Die Arbeitstechniken können unterschied- lich sein: gemalt oder gesprayt, fotografiert oder am Computer erstellt. MIMI the ClowN präsentiert sich auf seinen mit Schablonentechnik her- gestellten Paste its gern mit Größen der Musik- und Kunstwelt. Die rote Nase darf dabei nicht fehlen. Bühne „J.R.“ (Ank rzung von „juste ridicule“, „einfach lächerlich“, geb.1983), wie MIMI ein Franzose, arbeitet vor allem mit Porträtfotografien. Diese werden, vergleichbar mit Werbeplakaten, in monumentaler Vergröße- rung auf Flächen im Stadtraum angebracht: auf der leeren Feuermauer eines Gebäudes, dem nackten Asphalt eines Platzes. Man trifft allerdings nicht auf berühmte oder werbewirksame Gesichter, sondern auf Men- schen, die der Künstler im Rahmen der Recherche für seine immer gesell- schaftskritischen Aktionen kennenlernt. So gelangen auch Bilder aus privaten Fotoalben als Monumentalposter auf die Wand. In Cartagena, Spanien, waren es zum Beispiel Porträts der ältesten Bewohnerinnen und Bewohner von abgerissenen Gebäuden, die lukrativen Bürohoch- häusern weichen mussten. Unkraut Lois Weinberger (geb. 1947) säte auf einem stillgelegten Bahngleis in Kassel heimische und aus Südosteuropa eingeschleppte Pflanzen an. Der wild wuchernde Garten, ein Bild für die Migrationsprobleme unserer Zeit, war eines der meistbesuchten Kunstwerke der „documenta X“. Laut Weinberger ist der Umgang einer Gesellschaft mit Pflanzen ein Spiegelbild ihrer selbst. Das Werk in Kassel erinnert an so manche Aktivitäten von Guerilla Gardening , bei denen ursprünglich brach liegende öffentliche Grünflächen heimlich bepflanzt wurden. Daraus entwickelte sich der Trend des Urban Gardening , der sich auch in einer umtriebigen Szene in Großstädten manifestiert. Sehenswürdig Eine Hochbahntrasse in New York, die High Line, war seit Jahren aufgelassen, ihr Abriss beschlossene Sache. Zwei Anrainer entwickelten die Idee, die brach liegende Linie gezielt zu begrünen und in einen Park zu verwandeln. Sie klagten gegen den Abriss, suchten und fanden prominente und zahlungskräftige Unterstützung für ihr Projekt. Äußerst erfolgreich: Der 2,5 km lange High Line Park hat sich zu einem Tourismusmagneten entwickelt und wird als „grüne Ader“ New Yorks gefeiert. Nebenbei hat die Umgestaltung auch die angrenzenden Viertel nachhaltig verändert: Geschäfte, Hotels und Museen suchen ihre Nähe. Im Internet finden sich viele Informationen zu einzelnen Street-Art - K nstlerinnen und -Künstlern. Geschickt nutzen sie auch soziale Platt- formen, um auf ihre Kunst und ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Wähle eine Person aus dem Bereich der Street Art aus und recherchiere Arbeitstechnik und Botschaft. Präsentiere das Ergebnis deiner Klasse. Diskutiert dabei auch die Frage, wie weit die Aneignung von öffentlichem oder privatem Raum gehen darf. Erprobe selbst – ganz legal! – einige der hier genannten Techniken im Rahmen des Unterrichts. 20 „Das über Pflanzen ist eins mit der Natur“, Lois Weinberger, Kassel, 1997 19 Eine Arbeit von MIMI the ClowN, entdeckt in Paris, 2016 (links). „J.R.“ in der Hubar- beitsbühne vor seinem Porträt eines ehemaligen Bewohners eines Abbruchhauses in Cartagena, 2008 (rechts) 21 Eröffnung 2009, jährlich etwa 5 Millionen Besucherinnen und Besucher: High Line Park, New York v.Chr. 0 500 1000 1500 heute Lois Weinberger (geb. 1947) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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