Zeichen 3, Schulbuch
51 Der Guss Bevor diese Wachsfigur zur Gänze in eine feuerfeste Masse ein- gebettet wird, befestigen Fachkräfte an ihrer Oberfläche Wachsstangen, biegen sie zurecht und verbinden sie zu einem Netzwerk (Abb. 18 links). Durch die Wachshaut der Figur werden Bronzenägel gesteckt, die den inneren Kern fest mit der äußeren Ummantelung verbinden. Ein System von Eisenbändern und Zwingen hält die Gussform zusammen. Durch das Ausschmelzen des Wachses werden Hohlräume geschaffen, die beim fol- genden Guss das flüssige Metall aufnehmen (Abb. 21) und ein Entwei- chen der Luft möglich machen. Zum Gießen großer Figuren wird die Guss form in die Erde eingegraben oder durch festes Mauerwerk gestützt (Abb. 18 rechts). So werden das Gewicht der Form und der Druck der ein- fließenden Metallschmelze abgefangen. Der Beweis Erst in der Zeit der Renaissance war es dem Künstler Ben- venuto Cellini (1500–1571) gelungen, auch lebensgroße Plastiken in einem Stück zu gießen. Zwar waren auch früher schon riesige Bronze figuren geschaffen worden, ihr Guss erfolgte aber immer in mehreren Teilen, die nachträglich verlötet wurden. Der „Jüngling“ vom Magdalensberg“ hat keinerlei Nahtstellen. Er kann also nicht vor dem 16. Jahrhundert entstan- den sein. Auf diese Zeit deuten auch andere Spuren, die bei den Unter- suchungen gefunden wurden: die Art der Gusstechnik, die Zusammenset- zung der Metalllegierung und Werkzeugspuren an der Oberfläche. Somit stand fest, dass die Bronze plastik im Kunsthistorischen Museum nicht jene sein konnte, die 1502 am Magdalensberg gefunden wurde. Die Aus- wertung schriftlicher Quellen deutet darauf hin, dass sie ein Nachguss ist, der 1551 für König Ferdinand I. angefertigt wurde. Die Spuren des Origi- nals verlieren sich in Spanien. Es wurde bis heute nicht gefunden. 18 Wachsmodell für ein Reiterdenkmal mit den Wachsstangen, die später die Gusskanäle bilden (rechts). Für den Guss vorbereitete und eingemauerte Form (rechts). Der „Jüngling vom Magdalensberg“ ist also eine Kopie, die zur Zeit der Renaissance von einer Bronze plastik gemacht wurde, die selbst wahr- scheinlich schon die Kopie eines Originals aus dem antiken Griechenland war. Eine Fälschung ist die Figur aber nicht. Das wäre sie nur dann, wenn die am Magdalensberg gefundene Bronze plastik heimlich und in der Absicht, jemanden zu täuschen, durch den Nachguss ersetzt worden wäre. Die beschriebene Technik des Bronze gusses kannst du selbst nicht anwenden. Einen Abguss von einer selbst gebauten Form kannst du in einer sehr einfachen Technik aber machen. Verwende für den Bau der Gussform Modellierton oder Karton. Als Guss material eignet sich dünnflüssiger Gips. Wichtig ist, dass du die Form nach dem Erstarren der Gussmasse wieder zerlegen und entfernen kannst. Das Gießen von Wachskerzen funktioniert nach dem gleichen Prinzip. 19 Tonmodell (links), Modell in der Stückform (rechts) Tonmodell, Stuckform, Wachsmodell So könnte das Tonmodell eines der Krieger von Riace (vgl. S. 49) ausgesehen haben (Abb. 19 links). Um das Tonmodell in Gips abzuformen, wird eine zerlegbare „Stückform“ (Abb. 19 rechts) gebaut, die vom Tonmodell wieder abgenommen werden kann. Diese Stückform dient zur Herstellung einer Kopie aus Wachs. Dieses Wachsmodell geht beim Guss verloren. Tonmodell und Stückform bleiben aber erhalten und sind für weitere Abgüsse verwendbar. 20 Ausstreichen der hohlen Stückform mit Wachs 21 Wachsmodell, eingebettet in Formsand (links), Gussvorgang (rechts) v.Chr. 0 500 1000 1500 heute Benvenuto Cellini (1502–1571) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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