Zeichen 3, Schulbuch

49 Illusion von Wirklichkeit  An den Köpfen des „Hermes“ und der „Krieger von Riace“ kannst du noch Einlagen aus Perlmutt und Halbedelsteinen sehen, die den Augen Lebendigkeit verleihen sollten. Farbspuren auf vie- len griechischen Statuen deuten darauf hin, dass diese ursprünglich bemalt waren, um eine möglichst lebensnahe Wirkung zu erreichen. In der Zeit der griechischen Klassik war das ein wichtiges Ziel in der Kunst (vgl. Zeichen 2: Sehen und Wissen). Viele große Kunstwerke der griechischen Antike kennen wir nur als Kopien, die in römischer Zeit von ihnen gemacht wurden (vgl. Abb. 13 und 14). Die meisten von ihnen entstanden vermutlich im Auftrag römischer Sammler, die vielleicht lieber das Original besessen hätten, sich aber mit einer Nachbildung zufriedengeben mussten. Auch diese Kopien sind wichtig und kostbar. Ohne sie wüssten wir viel weniger über griechische Kunst und Kultur, in der wir wesentliche Voraussetzungen für die spätere geistige und kulturelle Entwicklung Europas finden. 11  „Krieger von Riace mit Stirnband“, Kopf 12  „Krieger von Riace mit Helm“, Kopf Original, Kopie oder Fälschung?  Auch der „Jüngling vomMagdalensberg“ wurde für die römische Nachbildung eines griechischen Originals gehal- ten. Fachleuten war allerdings aufgefallen, dass die Oberfläche des „Jüng- lings“ nicht ganz so fein ausgeführt und geglättet ist, wie das bei einem antiken Kunstwerk zu erwarten gewesen wäre. Sie erklärten sich diesen Umstand damit, dass der ursprüngliche Zustand der Oberfläche vielleicht bei späteren Restaurierungen verändert wurde. Auch die relativ groben Werkzeugspuren auf der Haut und eingravierte Umrandungen der Lippen und der Pupillen führten sie darauf zurück. 1983 begann ein international besetztes Team von Fachleuten mit einer genauen Untersuchung der Bronze plastik. Moderne Techniken wie Endoskopie, Thermolumineszenz und chemische Materialanalysen ermög- lichten Einblicke in das hohle Innere der Statue und gaben Auskunft über die Zusammensetzung des Gussmetalls. Eine erste Überraschung gab es, als im Inneren der Figur eine dreihun- dert Jahre alte Spielkarte aus Frankreich gefunden wurde. Die eigentliche Sensation aber war der Befund, dass Material und Technik, die zum Guss der Plastik benutzt wurden, in der Antike noch gar nicht in Gebrauch waren. War eines der berühmtesten Werke des Kunsthistorischen Muse- ums in Wien eine Fälschung? Wann wurde sie gemacht und von wem? Und wo war das Original? Apollo vom Belvedere  Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde in Anzio bei Rom eine große Marmorstatue gefunden: die römische Kopie einer griechischen Bronze statue des Gottes Apollo. Sie lag verschüttet in den Ruinen einer Villa, die einmal dem römischen Kaiser Nero gehört hatte. Die Skulptur wurde nach Rom gebracht und in einem Hof des Vatikans, dem Cortile del Belvedere, aufgestellt. Bei ihrer Auffindung fehlten der Statue die linke Hand und der rechte Unterarm. An Stelle der verlorenen Teile wurden neue Ergänzungen montiert, um die Statue so zeigen zu können, wie sie wahrscheinlich einmal ausgesehen hat. Schon 1498 wurde eine Bronze kopie der Marmorstatue angefertigt: die Kopie einer Kopie eines verlorenen Originals? 13  Apollo vom Belvedere, römische Marmorkopie, ca. 120–140 n. Chr., nach griechischer Bronze plastik, ca. 350–325 v. Chr., Vatikanische Museen, Rom 14  Apollo vom Belvedere im Zustand seiner Auffindung: Die linke Hand und der rechte Unterarm fehlen. v.Chr. 0 500 1000 1500 heute ca. 120/150, Apollo vom Belvedere ca. 450 v. Chr., Krieger von Riace Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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