Zeichen 3, Schulbuch

2  Eine Demonstration auf der Wiener Ringstraße (oben/unten), aufgenommen aus zwei Blickwinkeln in einem zeitlichen Abstand von zehn Minuten Blickwinkel  Natürlich ist die Frage, ob die Pyramiden nun am Stadtrand oder inmitten einer W stenlandschaft stehen, nicht wirklich wichtig. Aber wenn es sich um ein politisches Thema handelt, wird das Problem der Darstellung viel heikler: Abbildung 2 (oben) zeigt eine Demonstration auf der Wiener Ringstraße, vom Parlament aus aufgenommen. Das nächste Bild (unten) zeigt dieselbe Situation, im selben Format, vom selben Stand- ort aus, allerdings zehn Minuten später und mit leicht veränderter Blick- richtung: Man sieht nun keine dicht gedrängte Masse mehr, sondern ver- einzelte kleine Gruppen. Der geänderte Blickwinkel lässt die großen Abstände besonders auffällig werden. Man hat nicht den Eindruck einer „machtvollen“ Demonstration. Beide Bilder sind keine Pressefotos, sondern Privataufnahmen. Sie geben aber eine Vorstellung von den Beeinflussungsmöglichkeiten, die einer Zeitungsredaktion schon allein durch die Auswahl der Bilder zur Verfü- gung stehen. Dazu kommen noch die Bildunterschriften, durch die der Eindruck in eine bestimmte Richtung gelenkt werden kann. Manipulation  Dass Menschen durch Sprache und Bilder bei ihrer Umge- bung Wirkungen auslösen wollen, ist etwas völlig Normales. Gefährlich wird es, wenn diese Beeinflussung versteckt geschieht, um das selbst- ständige Urteilsvermögen anderer zu beeinflussen. Manchmal wird ver- sucht, dieses Ziel durch absichtliches Verfälschen von Informationen zu erreichen. In solchen Fällen spricht man von Manipulation . Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Journalismus, mit den vielfältigen Mög- lichkeiten der Meinungsbeeinflussung verantwortungsvoll umzugehen. 3  Dorothee Golz: „A.D.“, 2006. Im Original von Albrecht D rer (1500) sieht man das Monogramm AD noch links im Bild. Digitale Gemälde  So nennt die Künstlerin Dorothee Golz (geb. 1960) ihre perfekt gemachten Mischungen aus Fotografie und altmeisterlichen Gemälden. Staunend betrachten wir Albrecht Dürer, bekleidet statt im Pelzrock in einer wuchtigen Lederjacke. Der junge Parmigianino (runde Abbildung am Beginn des Kapitels) hält in seinem auch aufgrund von dessen Verzerrung berühmten Spiegelselbstporträt plötzlich das wichtigste Werkzeug der Gegenwart in der Hand: bereit für ein Selfie? Auf der Homepage der Künstlerin finden sich weitere erstaunliche Beispiele, die mit großem Einfühlungsvermögen und feinem Humor geschickt Bildsprachen verschiedener Jahrhunderte und Kulturen miteinander verbinden. Die Alten Meister wirken plötzlich wieder ganz jung. 13 v.Chr. 0 500 1000 1500 heute Albrecht D rer (1471–1528) Dorothee Golz, geb. 1960 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=