Zeichen 1, Schulbuch
86 13 Charles Wimar: Die Entführung der Tochter Daniel Boones, Öl auf Leinwand, 101,6 × 127 cm, 1853 14 Astley Cooper: Relics of the Past, Öl auf Leinwand, 101,6 × 91,5 cm, 1890 Entführung Das Bild oben zeigt eine Szene, in der ein hilfloses weißes Mädchen von brutalen Indianern verschleppt wird. Das Mädchen wird in einer Haltung dargestellt, die auf christlichen Altarbildern Heilige und Märtyrerinnen einnehmen. Alles ist darauf angelegt, bei Betrachterinnen und Betrachtern des Bildes Mitleid mit der Entführten und Zorn auf die Gewalttäter auszulösen. Die Geschichte von der Entführung der Tochter Daniel Boones ist einer der zahlreichen Mythen des Westens, die bis heute erzählt werden. Oft gehen sie auch auf teilweise wahre Ereignisse zurück und sind nur zum Teil frei erfunden. Entscheidend ist aber, dass sie zwischen Bösen und Guten eindeutig unterscheiden. Die Taten der Bösen fordern die Gewalt und die Rache der Guten heraus und rechtfertigen diese. Was vorher pas- siert ist, erfahren wir ebenso wenig wie den weiteren Verlauf der Ereig- nisse. Ein Zusammenhang mit der endlosen Abfolge von Unrecht und Rache, neuem Unrecht und neuer Gewalt wird nicht hergestellt. Von Charles Wimar (1828–1862), dem Maler dieses Bildes, wissen wir, dass auch er weite und mühsame Reisen unternommen hat. Er kam bis nach Kalifornien, das damals von Mexiko an die USA abgetreten werden musste und auf dem Landweg noch schwer erreichbar war. Die übliche Reiseroute führte auf einem Schiff von einem der Häfen der amerikani- schen Ostküste nach Nicaragua. Dort gingen die Passagiere an Land, die Fracht wurde umgeladen und die Landenge auf Fuhrwerken überquert. Anschließend konnte die Reise auf einem anderen Schiff entlang der Pazifikküste bis San Francisco fortgesetzt werden. Heldengeschichten Charles Wimar hatte also den Wilden Westen persön- lich erlebt und unterwegs viele Zeichnungen und Fotografien gemacht. Er war aber nicht in erster Linie daran interessiert, nach seiner Rückkehr den Medien detailgetreue und objektive Bildberichte zu liefern. Er wollte Geschichten erzählen. Diese sollten dazu beitragen, den Stolz der weißen Heldengeschichten und Unterhaltungsshows Erinnerungen Der amerikanische Maler Astley Cooper stellte im Jahre 1890 eine Art Stillleben aus Erinnerungsstücken an den Wilden Westen zusammen. Der Titel des Ölbildes „Relics of the Past“ weist darauf hin, dass der Künstler auf eine bereits vergangene Epoche zurückblickte. Das Gemälde zeigt auch ein Foto Buffalo Bills (oben, Mitte), dessen Shows zu dieser Zeit den Mythos vom Wilden Westen in die ganze Welt trugen. Reporter im Wilden Westen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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