Zeichen 1, Schulbuch
80 Bild 5 … die „Großaufnahme“! Wie wichtig dieses filmische Mittel für Bil- dergeschichten sein kann, zeigen die fünften Bilder unserer Vergleichs- reihe. In der veränderten Fassung haben wir die Großaufnahme wegge- lassen und das Bild im Wesentlichen durch eine Wiederholung der vorherigen Zeichnung ersetzt. Wir haben zwar den Reißnagel eingezeich- net, aber nur ganz klein, sodass man ihn leicht übersieht. Das war natür- lich Absicht. Wer aber den Reißnagel nicht bemerkt, versteht wahrschein- lich gar nicht, warum der Einbrecher im sechsten Bild plötzlich durch die Luft fliegt. Bild 6 Die Körperhaltung des Einbrechers ist in beiden Fassungen gleich. Dennoch wirkt das Bild der o. F. viel effektvoller. Die schwungvollen Stri- che verdeutlichen die Dynamik des Aufspringens, die Schmerz-Strahlen an der Ferse heben die Ursache hervor. Wieder sind es Linien, die man in Wirklichkeit gar nicht sehen könnte, aber sie sind nötig, um das Gesche- hen dramatisch zu schildern. Dagegen lenkt der in der v. F. zusätzlich ein- gezeichnete Hintergrund vom eigentlichen Geschehen nur ab. Bild 7 So wie schon im vorhergehenden Bild, lässt die Originalfassung den Hintergrund weg und konzentriert unsere Aufmerksamkeit auf die schmerzende Ferse des Einbrechers. Kleine strahlenartige Striche lenken unseren Blick auf die entscheidende Stelle. Bild 8 Wie wichtig diese kleinen Strahlen sind, die den Blick auf den Reißnagel lenken, zeigt das letzte Bild mit noch größerer Deutlichkeit. Während der Vater den überwältigten Einbrecher zu einem Paket mit Mascherl verschnürt, schaut der Sohn stolz auf das kleine Ding, mit dem er eine so große Leistung vollbracht hat. In der v. F. ergibt die gebückte Haltung des Kindes auf den ersten Blick dagegen überhaupt keinen erkennbaren Sinn. Zusätzlich unterbricht auch noch der eingezeichnete Türrahmen des Hintergrundes die visuelle Verbindung zwischen den Augen des Sohnes und den Füßen des liegenden Einbrechers. Die entsprechende Zeichnung der o. F. zeigt, dass man sich – sobald der Schauplatz der Handlung einmal angedeutet ist – auf das Wesentliche beschränken kann. Alles, was der Deutlichkeit nicht dient, stört sie. Analyse einer Bildergeschichte 4 Erich Ohser (e.o.plauen): Bildergeschichte „Der Einbrecher“ (Originalfassung), 1936, Bild 5–8 (Fortsetzung von Seite 79) 5 Bildergeschichte „Der Einbrecher“ von 1936 in veränderter Fassung (Wiederholung von Seite 78) Geschichten ohne Worte Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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