Big Bang HTL 4, Schulbuch

Relativitätsprinzip und Gleichzeitigkeit 9 Thermodynamik und moderne Physik (IV. Jg., 8. Sem.) 99 Auf Grund der endlichen Geschwindigkeit des Lichts ist alles, was du in diesem Moment siehst, bereits Vergangen- heit ( F8 ). Über den Daumen braucht Licht für einen Meter 3 Nanosekunden (3 · 10 –9 s). Bei kleinen Entfernungen ist die Zeitverzögerung somit minimal. Aber bei Himmelsobjekten ergeben sich zum Teil unglaublich tiefe Blicke in die Vergan- genheit. Mit dem Hubble-Teleskop konnten Galaxien foto- grafiert werden, die man rund 13 Milliarden Jahre in der Vergangenheit sieht, also kurz nach dem Urknall! Wenn man sich relativ zu einem Objekt mit einer Geschwin- digkeit nahe c bewegt, führen die unterschiedlichen Licht- laufzeiten zu optischen Verzerrungen (Abb. 9.8). Natürlich ginge alles so schnell, dass man dazu eine Kamera mit Su- persupersuperzeitlupe benötigen würde. Wie kommt es zu diesen Verzerrungen ( F7 )? Überlegen wir mit Hilfe eines Stabes , der sich mit sehr ho- her Geschwindigkeit auf eine Kamera zubewegt (Abb. 9.9). Exemplarisch sind 5 Lichtstrahlen eingezeichnet, die alle zur selben Zeit bei der Kamera eintreffen (d). Von je weiter au- ßen am Stab die Strahlen ausgehen, desto länger brauchen sie zur Kamera und desto weiter sieht man diese Punkte da- her in der Vergangenheit. Dadurch wird der Stab scheinbar zu einer Hyperbel verzerrt. Diese hyperbolische Verzerrung gilt generell für Linien quer zur Bewegungsrichtung, also auch für ganze Gitter (Abb. 9.8). So lässt sich auch die verzerrte Altstadt in Abb. 9.11 erklären und die scheinbare Verdrehung von einzelnen Objekten, die seitlich an einer Kamera vorbeifliegen (Abb. 9.10). Abb. 9.9: Ein Stab bewegt sich mit 0,9 c auf eine Kamera zu. Wenn der Stab bei d ist, treffen die eingezeichneten Lichtstrahlen gleichzei- tig auf. Weil die Strahlen aber zu verschiedenen Zeiten ausgesen- det wurden, scheint der Stab hyperbolisch verbogen zu sein. Abb. 9.10: Ein Würfel fliegt mit 0,95 c nach rechts aus dem Bild heraus. Beachte die scheinbare Verdrehung – man kann die Rückseite des Würfels mit der Zahl 4 sehen. Man sieht schnell bewegte Objekte verzerrt, sie sind es aber nicht wirklich. Es handelt sich quasi um optische Täuschun- gen, die durch unterschiedliche Lichtlaufzeiten zu Stande kommen. Diese Effekte sind zwar eindrucksvoll, machen aber die Beschreibung schnell bewegter Objekte komplizier- ter. Einstein hatte deshalb die Idee, dass man jedes Inertial- system mit einem virtuellen Netz von Beobachtern versieht, die nur Ereignisse in ihrer nächsten Nähe messen und dann später berichten. Dafür wird im Folgenden der Begriff be- obachten verwendet. Wenn also später zu lesen ist „du kannst beobachten, dass …“ ist eigentlich damit gemeint „die Helfer in deinem Inertialsystem können messen, dass …“. Zusammenfassung Wenn man schnelle Objekte „sieht“, kommt es zu optischen Verzerrungen. „Beobachten“ bedeutet, dass viele Helfer einen Vorgang registrieren und diesen danach auswerten. Die Licht- laufzeit wird berücksichtigt und quasi weggerechnet. Abb. 9.11: Computersimulation einer Gasse in Ruhe, bei 0,8 c und bei 0,95 c (von links nach rechts): Die Verzerrung ist umso stärker, je höher das Tempo ist. Natürlich sind die Häuser nicht wirklich verzerrt, es ist eine optische Täuschung! Abb. 9.12: Ausschnitt aus 9.9 rechts: Du „siehst“ einen hyperbolisch verzerrten Stab, der noch weit entfernt ist, aber du „beobachtest“, dass der Stab schon knapp vor dir ist und unverzerrt. Die Beobachtung stimmt mit der tatsäch- lichen Form und Position überein. Z Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=