Big Bang HTL 4, Schulbuch

98 Thermodynamik und moderne Physik (IV. Jg., 8. Sem.) Dieses Ergebnis nahm Einstein zum Anlass und formulierte das Relativitätsprinzip, die erste Grundannahme der Spezi- ellen Relativitätstheorie: Bei unbeschleunigten Bewegun- gen laufen alle Experimente normal ab. Oder, etwas wissen- schaftlicher formuliert: Die Naturgesetze werden in allen Inertialsystemen durch dieselben Gleichungen beschrieben. Man könnte es plakativ auch so beschreiben: Nimm die weltbesten Experimentalphysiker, gib ihnen die beste Aus- rüstung und bringe sie ins All. Jeder von ihnen soll mit sei- nen Geräten in einem Labor ohne Fenster experimentieren. Auch wenn sie kreuz und quer fliegen, solange sie unbe- schleunigt sind, können sie mit keinem Experiment inner- halb des Labors feststellen, ob sie sich bewegen oder nicht. Sie könnten nur die relativen Bewegungen zueinander feststellen, etwa wenn es Fenster gäbe (Tab. 9.1). Weltbild ab 1905 Relativitätstheorie Weltbild vor 1905 Newton’sche Mechanik Es existiert kein Äther und somit auch kein absolutes Bezugs- system. Es gibt keine Möglichkeit, seine Geschwindigkeit im tiefsten Weltall zu messen, außer man trifft auf ein anderes Objekt, etwa ein anderes Raumschiff. Bewegungen sind daher relativ. Die Lichtgeschwindigkeit ist immer gleich groß. Es existiert ein Äther und somit auch ein absolutes Bezugssystem fürs ganze Weltall. Indem man den Ätherwind misst, kennt man überall – auch ohne ein anderes Objekt – seine Geschwindigkeit. Bewegungen sind daher absolut. Die Lichtgeschwindigkeit hängt von der Bewegung ab. Tab. 9.1: Mit dem Fall des Äthers fiel auch die Möglichkeit zur absoluten Geschwindigkeitsbestimmung. Die zweite Grundannahme der Speziellen Relativitäts- theorie ist die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit: Die Lichtgeschwindigkeit c ist immer gleich groß. Sie ist unabhängig von der Bewegung der Lichtquelle oder des Beobachters und beträgt rund 3 · 10 8 m/s (genau sind es 299.792.458 m/s). Dass c konstant sein muss, lässt sich aus dem Relativitätsprinzip ableiten. Wäre c von der Bewegung abhängig, dann hätte man ja eine Möglichkeit zur absolu- ten Geschwindigkeitsbestimmung, und das verbietet das Relativitätsprinzip. Was sich nicht ableiten, sondern nur experimentell bestimmen lässt, ist die Größe von c . Stell dir eine abgefeuerte Gewehrkugel vor. Superalbert (Abb. 9.6) könnte diese einholen, neben ihr herfliegen und sie in Ruhe betrachten. Wie ist das aber mit Licht ( F3 )? Licht hat immer dieselbe Geschwindigkeit! Egal wie schnell Superalbert einem Lichtstrahl nachfliegt, dieser bewegt sich immer mit c von ihm fort! Es bleibt daher ein Traum, neben einem ruhenden Photon zu fliegen und dieses zu betrachten. Mit Schall- und Lichtwellen ist es ähnlich ( F4 ). Du kannst einer Schallwelle entkommen, wenn du zumindest mit Schallgeschwindigkeit fliegst. Du kannst aber einer Licht- welle niemals entkommen, weil sich diese immer mit c be- wegt, egal wie schnell das Raumschiff wird. Abb. 9.6: Superalbert kann einen Lichtstrahl niemals einholen. Verblüffend sind auch Geschwindigkeitsadditionen. Ein Raumschiff sendet einen Lichtstrahl aus (Abb. 9.7), der sich von diesem aus gesehen natürlich mit c ausbreitet. Wenn das Raumschiff selbst mit c /2 fliegt, könnte man vermuten, dass sich der Lichtstrahl mit 1,5 c von der Erde wegbewegt. Die Lichtgeschwindigkeit hat aber für alle Beobachter im- mer denselben Wert. Der Strahl entfernt sich also von der Erde ebenfalls mit c ( F5 )! Auch die beiden Laster ( F6 ) messen dieselbe Lichtgeschwindigkeit! Abb. 9.7: Die Front des Lichtstrahls entfernt sich sowohl vom Raum- schiff als auch von der Erde mit c . Zusammenfassung Einstein stellte 1905 zunächst einmal klar, dass Licht auch Teilcheneigenschaften besitzt und daher zur Ausbreitung keinen Äther benötigt. Ohne Äther gibt es aber keine Mög- lichkeit zur absoluten Geschwindigkeitsbestimmung. Alle Inertialsysteme sind somit gleichwertig, und die Lichtge- schwindigkeit ist für alle Beobachter immer gleich groß. 9.2 Ein Blick in die Vergangenheit Beobachten und sehen Licht ist zwar unvorstellbar schnell, aber nicht unendlich schnell. Wenn sich Objekte sehr schnell bewegen, führt das zu spektakulären Verzerrungseffekten. Z In Abb. 9.8 siehst du links ein ruhendes Gitter. Rechts siehst du dasselbe Gitter wenn es sich mit 90% der Lichtgeschwindigkeit (0,9 c ) nähert. Wie könnte es zu den seltsamen Verzerrungen kommen? Alles, was du in diesem Moment siehst, ist in der Vergangenheit passiert! Was ist damit gemeint? F7 Abb. 9.8 F8 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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