Big Bang HTL 4, Schulbuch

Nanotechnologie 20 Thermodynamik und moderne Physik (IV. Jg., 8. Sem.) 185 Abb. 20.8: Buckyballs könnten z.B. als „Boote“ dienen, um Insulin produzierende Zellen zu transportieren. Die Löcher sind so klein, dass keine Antikörper eindringen können, aber groß genug, damit das Insulin austreten kann. Zu den wichtigsten Nanomaterialien gehören Fullerene und Nanoröhrchen (Abb. 20.7), die nur aus Kohlenstoff-Atomen bestehen. Fullerene sind kugelförmig. Das besterforschte Fulleren ist C-60, das zu Ehren des Architekten R ICHARD B UCKMINSTER F ULLER Buckminster-Fulleren (englisch auch buckyball) genannt wurde, da es den von ihm konstruierten Kuppeln ähnelt. Fullerene sind extrem stabil, können hohe Temperaturen und Drücke aushalten und mit anderen Atomen oder Molekülen reagieren, ohne ihre Struktur zu verlieren. Damit sind sie unter anderem für die Medizin interessant (Abb. 20.8). Kohlenstoffnanoröhren (engl. carbon nanotubes, CNT) sind quasi lange Fullerene, die auf einer Seite offen sind (Abb. 20.7 b). Ihre Eigenschaften sind beeindruckend: Je nach Aufbau sind sie Halbleiter oder Leiter. Ihre Zugfestig- keit ist rund 10-mal so hoch wie die von Stahl, und das bei nur einem Viertel von dessen Dichte. Ihre Steifigkeit ist doppelt so hoch wie die von Diamant, dem bislang steifsten Material, die Druckfestigkeit doppelt so hoch wie die von Kevlar, das in kugelsicheren Westen verwendet wird. Bis zu einem Wunder-Massenbaustoff wird es aber noch dauern. Es fehlt bisher eine Methode, die Röhrchen fest miteinander zu verbinden. Außerdem ist ihre Herstellung extrem kost- spielig. CNTs sind momentan wesentlich teurer als Gold. Abb. 20.9: Dieser Nanotube-FET wurde erfolgreich umgesetzt. Er ist allerdings ein Prototyp und nicht serientauglich. Folgende Anwendungen sind, zumindest als Prototypen, er- folgreich umgesetzt worden: Verwendung von Nanotubes zur Verkleinerung von Feldeffekttransistoren (Abb. 20.9), als Spitzen für Rasterkraftmikroskope (Abb. 20.12) und als Be- standteil von Displays (jeder Pixel hat eine eigene Zuleitung durch CNTs). Außerdem ist es gelungen, durch Nanoröhren die Belastbarkeit von Kunststoffen zu erhöhen und diese elektrisch leitfähig zu machen. An weiteren Anwendungen wird intensiv geforscht. Wichtige Werkzeuge der Nanotechnologie sind hoch auf- lösende Mikroskope, neben dem Elektronenmikroskop (Kap. 12.3) vor allem Rastertunnel- und Rasterkraftmikros- kop. Beim Rastertunnelmikroskop (RTM) nutzt man den Tunneleffekt . Eine Metallspitze, im Idealfall nur ein Atom breit, wird etwa 1 nm an das Untersuchungsobjekt heran- gefahren (Abb. 20.12) und dann wird Spannung angelegt. Diese wird so klein gewählt, dass kein „normaler“ Strom fließen kann. Tunneleffekt Stell dir vor, du schnippst eine Murmel gegen ein Buch (Abb. 20.10 a). Du wärst sicherlich sehr verblüfft, wenn diese nicht wie erwartet abprallt (b), sondern einfach so durch das Buch flutscht (c). Genau das kann aber mit Quanten tat- sächlich passieren und man spricht dann vom Tunneleffekt . Aber wie kann das sein? Abb. 20.10: Eine normale Murmel prallt brav vom Buch ab (b). Eine „Quantenmurmel“, zum Beispiel ein Elektron, kann aber unter bestimmten Bedingungen solche Hindernisse „durchtunneln“. Vereinfachen wir die Sache von drei auf eine Dimension (Abb. 20.10 d). Damit die Kugel am Buch vorbeikommt, müsste sie den Umweg über den oberen Rand nehmen. Dazu braucht sie aber potenzielle Energie. Etwas abstrakt gesagt stellt das Buch eine Potenzialschwelle dar, an der die Kugel nicht vorbeikommt. Sehen wir uns jetzt ein ana- loges Beispiel aus dem Quantenreich an. Abb. 20.11: Ein Quant läuft gegen eine Potenzialschwelle. Weil man diesem auf Grund der Unschärfe keine Bahn zuordnen kann, ist die sogenannte Wahrscheinlichkeitsdichte | Ψ | 2 eingezeichnet. Je höher diese an einer bestimmten Stelle ist, desto wahrschein- licher wird man das Teilchen bei einer Messung dort finden. Wenn ein Quant gegen eine Potenzialschwelle läuft, dann wird der Großteil der Wahrscheinlichkeitswelle reflektiert (Abb. 20.11). Das entspricht der abprallenden Murmel. Ver- blüffenderweise läuft aber ein kleiner Teil der Welle durch das Hindernis hindurch. Was bedeutet das? Dass das Quant mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit durch das Hindernis kommt – Tunneleffekt eben. Und eben dieser wird beim RTM ausgenutzt. i Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=