Big Bang HTL 4, Schulbuch

184 Thermodynamik und moderne Physik (IV. Jg., 8. Sem.) Nanomaterialien sind keine Erfindung der Menschen, sondern kommen auch in der Natur vor. Sehen wir uns dazu drei Beispiele an. Deine Knochensubstanz etwa besteht aus Knochenzellen, welche in die sogenannte „Knochenmatrix“ eingebettet sind. In dieser Matrix befinden sich kristall- ähnliche Strukturen, die nur 3 nm dick und so eng anein- ander gereiht sind, dass sie die Stabilität des Knochens maximieren. Ein zweites Beispiel, das dich ebenfalls direkt betrifft und ermöglicht, dass du diese Zeilen liest, ist die Transparenz deiner Hornhaut . Diese besteht aus superdünnen Protein- fasern, dem Kollagen. Im Gegensatz zu unserer Haut ist die Hornhaut deshalb durchsichtig, weil der Abstand der Kolla- genfasern weniger als 50 nm beträgt. Weil das sichtbare Licht eine Wellenlänge von etwa 400 bis 750 nm besitzt (siehe Kap. 12.2), wird es daher praktisch nicht gebeugt, und das macht unsere Hornhaut durchsichtig. Das dritte Beispiel für Nanomaterialien in der Natur findet man bei Geckos . Diese können einige hundert Gramm schwer werden und dennoch an senkrechten Glasflächen laufen. Wie funktioniert diese hafttechnische Meisterleis- tung? An ihren Zehen befinden sich Myriaden feinster Härchen, die nur etwa 200 nm breit sind (Abb. 20.4). Nach der gängigen Definition fallen sie streng genommen nicht unter Nanotechnologie. Die Härchen bestehen aus Keratin , aus dem auch deine Haare und Nägel bestehen. Keratin ist ziemlich zäh, doch die unglaublich feine Verästelung macht die Härchen extrem anschmiegsam, und sie können sich an mikroskopische Unebenheiten anpassen. Sie kommen der Oberfläche dadurch so nahe, dass die Van-der-Waals-Kraft wirkt ( Info: CLIL – Short-lived asymmetry ). Geckos kleben elektrostatisch an der Wand ( F2 )! Abb. 20.4: Jeder Geckofuß hat etwa eine Million feinster Härchen, die Setae. Sie sind 5 µ m dick – etwa 1/10 so dick wie ein Menschen- haar. Sie bilden die Lamellenstruk- tur, die du in Abb. 20.1 sehen kannst. Abb. 20.5: Jede Seta aus Abb. 20.4 spaltet sich noch einmal in viele viele Spatuae auf. Diese sind nur mehr 0,2 µ m oder 200 nm breit – das entspricht nur mehr rund 1/250 eines Menschen- haares. Der Gründungsmythos der Nanotechnologie geht auf einen Vortrag von R ICHARD F EYNMAN aus dem Jahr 1959 zurück, auch wenn erst N ORIO T ANIGUCHI den Begriff „Nanotechnologie“ 1974 erstmals gebrauchte. Feynmans Vortrag trug den Titel: „There is plenty of room at the bottom“ (ganz unten ist eine Menge Platz). Mit „ganz unten“ meinte Feynman kleinste Strukturen. Feynman ahnte damals bereits die Möglichkeit, Atome und Moleküle gezielt zu manipulieren. Das Präfix nano- ist bei Unternehmern und Wissenschaftlern heute ähnlich beliebt wie in den 1970er und 1980er Jahren mikro- (etwa bei Microsoft) und in den 1990er Jahren das e- (etwa bei eBanking, eGovernment, eBusiness etc.). Die künstliche Verwendung von Nanopartikeln ist im Prin- zip nichts Neues. So beruht das Färben von Gläsern etwa darauf, dass man Metalle mit einer Korngröße von einigen Nanometern dem Glas beimengt ( F3 ). Die Farben werden durch unterschiedliche Metallpartikel erzeugt. Allerdings ist es erst seit Beginn der 1980er möglich, Nanostrukturen ge- zielt zu manipulieren. Nanotechnologie umfasst ein weites Feld und ist eine moderne und lebendige Forschungsrich- tung. Wir sehen uns exemplarisch einige Beispiele an. Abb. 20.7: a) Das Fulleren aus 60 C-Atomen hat einen Durchmesser von nur 1 nm. Es besteht, wie ein Fußball, aus Fünf- und Sechsecken. b) Kohlenstoff-Nanoröhrchen haben je nach Aufbau einen Durchmesser von 1 bis 50nm. CLIL – Short-lived asymmetry The electrons in the atomic orbital are symmetrically distri- buted over time (Fig. 20.6 a). However, spontaneous and extremely short-lived asymmetries can form (b). The atom is then a weak dipole for a short time. If another atom is near, this is polarized and attracted (c). One speaks of the van- der-Waals force. It is an extremely weak force compared to atomic bonds and decreases with 1/ r 6 . Considerable van-der- Waals forces are obtained only if the distance is some nano- meters and the area is very large. Both are the case with gecko’s foot. Abb. 20.6: The mechanism of the van-der-Waals force i Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verla s öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=