Big Bang HTL 4, Schulbuch

160 Thermodynamik und moderne Physik (IV. Jg., 8. Sem.) Man spricht von der Grand Unified Theory (GUT), der gro- ßen vereinheitlichten Theorie, und von der X-Kraft. Es gibt bis jetzt allerdings keine experimentellen Bestätigungen. Deshalb darf man genau genommen auch nicht von einer Theorie sprechen, sondern nur von einer Hypothese ( F17 ). Info: Protonenzerfall Obwohl es bis zu einer fertigen GUT wohl noch ein langer Weg ist, arbeiten die Physiker schon am nächsten Schritt der Vereinigung. Dabei soll auch die Gravitation eingebunden werden. Man spricht daher etwas ironisch von der Theory of Everything (TOE), der Theorie von Allem . Auch hier wäre die Bezeichnung Hypothese treffender. In der populärwissen- schaftlichen Literatur ist in diesem Zusammenhang oft von der Weltformel die Rede. Sollte die TOE tatsächlich ge- lingen, darf man sich aber nicht vorstellen, dass dabei eine schlanke Formel wie E = mc 2 herauskommt, mit der man die Lottozahlen vom kommenden Wochenende berechnen kann. Protonenzerfall Abb. 17.22: Feynman- Diagramme von hypothetischen Protonenzer- fällen: Die Wechselwirkung würde durch hypothetische X-Bosonen erfolgen. Im Rahmen der GUT wird die Möglichkeit diskutiert, dass ein Proton in ein Positron und ein neutrales Pion zerfällt (Abb. 17.22; F16 ). Dadurch wären die Familien der Quarks (Proton und Pion) und der Leptonen (Positron) verbunden. Das Positron würde mit einem Elektron zu einem Photon zerstrahlen (e + + e – ⇒ γ ) und das Pion zu zwei Photonen ( π 0 ⇒ γ + γ ). Dabei würden drei charakteristische Strah- lungskegel entstehen, die gemessen werden könnten (Abb. 17.23). Das ist bis jetzt (Stand 2014) noch nicht gelun- gen. Sollten Protonen zerfallen, tun sie dies äußerst selten. Ihre mittlere Lebensdauer wird mit mindestens 10 34 Jahren angegeben! Das Universum (≈ 10 10 Jahre) ist im Vergleich damit ein wirkliches Baby. Abb. 17.23: Der Protonenzerfall wird u. a. im „Super-Kamio- kande“ gesucht. Ein zerfallendes Proton erzeugt im Gegensatz zu einem Neu- trino drei Strah- lungskegel. i Es wird sich um einen Satz von Formeln handeln, dessen Mathematik so kompliziert ist, dass sie wohl nur einige der besten Physiker beherrschen und mit der man nur bestimm- te Spezialfälle analytisch lösen kann. Der Ausdruck Welt- formel ist quasi als Metapher zu verstehen, dass eine TOE alle Teilchen und Kräfte in einem Modell vereint. Zur TOE gibt es verschiedene Ansätze. Einer davon ist die so- genannte Supersymmetrie, kurz SUSY. Nach dem Standard- modell besteht unsere Welt aus Materie- und Kraftteilchen, also aus Fermionen und Bosonen (siehe Tab. 17.2). Im Rah- men der SUSY erhält jedes Teilchen einen „supersymme- trischen Zwilling“ aus der anderen Teilchengruppe. Jedem Fermion wird also ein Boson zugeordnet und umgekehrt (Abb. 17.24). So bekommt etwa das Elektron (Fermion) den supersymmetrischen Partner Selektron (Boson) und das Gluon (Boson) das Gluino (Fermion). Auf diese Weise wer- den Materie und Kräfte vereinheitlicht. Auch die Gravitation lässt sich mit diesem Ansatz einbinden. Die Problematik der SUSY ist aber, dass sich die Teilchenzahl dabei verdoppelt und man diese neuen Teilchen nachweisen muss, was bisher nicht gelungen ist. Abb. 17.24: Beispiele für Teilchen, SUSY-Teilchen und deren Spins: Um die enge Beziehung zu verdeutlichen, stellt man den SUSY-Part- nern der Fermionen ein „S“ vor, den Partnern der Bosonen wird ein „ino“ angehängt. Ein anderer Ansatz ist die Superstringtheorie (besser: Superstringhypothese). Im Gegensatz zum Standardmodell sind hier die fundamentalen Bausteine keine Teilchen im Sinne von Punkten (nulldimensionale Objekte), sondern vibrierende eindimensionale Saiten (engl. string). Die ein- zelnen Elementarteilchen kann man sich als verschiedene Schwingungsanregungen der Strings vorstellen, wobei die Frequenz nach der Quantenmechanik einer Energie ent- spricht (Abb. 17.25; F17 ). Abb. 17.25: Ein eindimensionaler, geschlossener String, der in drei verschiedenen Frequenzen schwingt: Diese könnten drei verschiedene Teilchen repräsentieren. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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