Big Bang HTL 4, Schulbuch

Teilchenphysik und Standardmodell 17 Thermodynamik und moderne Physik (IV. Jg., 8. Sem.) 157 Abb. 17.14: Virtuelle Photo- nen um ein Elektron: Sie vermitteln die elektromagnetische Kraft. Man kann sie niemals direkt messen. Wenn aber die Ladung beschleunigt wird, wer- den virtuelle Photonen in reale umgewandelt und es entsteht Licht oder eine andere elektromagnetische Welle (Kap. 7.1, NAWI III). Je größer die Ruhemasse der Teilchen, desto kürzer ihre Lebensdauer und desto kleiner ihre Reichweite, vor allem bei der schwachen Wechselwirkung. Umgekehrt haben Photonen keine Ruhemasse, und daher wirkt die elektro- magnetische Kraft unendlich weit. Aus dem Nichts Auf Grund der Heisenberg’schen Unschärferelation für Ener- gie und Zeit gilt ∆ E · ∆ t ≥ h /4 π (Kap. 12.5). Diese Gleichung besagt, dass man sich die Energie ∆ E vom Universum „aus- leihen“ kann, wenn man sie in der Zeit ∆ t wieder „zurück- zahlt“. Der Energieerhaltungssatz wird dadurch nicht ver- letzt. Auf der anderen Seite gilt die Gleichung ∆ E = m · c 2 ( m ist in diesem Fall die Ruhemasse des Teilchens; Kap. 11.1 f). Wie weit kommen virtuelle Teilchen? Diese können maximal mit c fliegen. Daher: ∆ s = v · ∆ t ≤ c · ∆ t = c · h _____ 4 π∆ E = c · h ______ 4 π mc 2 ≈ h ____ 13 mc Je größer die Masse der Mittlerteilchen ist, desto kürzer ist ihre Lebensdauer. Schätzen wir die Reichweite der schwa- chen Wechselwirkung ab. Die W-Bosonen haben eine Masse von 80GeV/ c 2 , das entspricht etwa 1,4 · 10 25 kg. W-Bosonen haben somit mehr als die 80fache Protonenmasse! Wenn man in unsere Schätzung oben einsetzt, erhält man 1,2 · 10 –18 m. Die Reichweite der schwachen Wechselwirkung beträgt daher größenordnungsmäßig 10 –18 m (siehe Tab. 17.7). Weil Photonen keine Ruhemasse besitzen, kann ihre Reichweite unendlich sein. i Klebstoffteilchen Abb. 17.15 Die starke Wechselwirkung kommt durch den Austausch von Gluonen zu Stande. Diese tragen dabei selbst Farbe und Antifarbe. Deshalb ändert sich mit jedem Gluonen-Aus- tausch auch die Farbe der Quarks (Abb. 17.17 b). Es gibt in Summe 8 verschiedene Typen von Gluonen. Abb. 17.16: Wenn man ein Proton (a) „auseinander zieht“ (b), dann entstehen keine einzelnen Quarks, sondern zusätzliche Mesonen (c; Kap. 17.4), etwa π -Teilchen. Warum kann man niemals freie Quarks beobachten ( F14 )? Im Gegensatz zur elektromagnetischen Kraft sinkt die star- ke Kraft nicht ab, wenn man den Abstand der Teilchen er- höht (Abb. 17.15). Je weiter man zwei Quarks „auseinander zieht“, desto größer ist die Energiemenge, die man in das System stecken muss. Bei einem Abstand von 10 15 m ist die investierte Energie so hoch, dass ein neues Quark-Anti- quark-Paar entsteht (Abb. 17.16 b/c). Übrig bleiben das ursprüngliche Proton und ein neu erzeugtes Meson (Abb. 17.16), etwa ein π -Teilchen. Genau das passiert in Teil- chenbeschleunigern. Natürlich werden dort Protonen nicht auseinandergezogen, sondern mit hoher Geschwindigkeit beschossen. Aber das Ergebnis ist dasselbe. Weil man Quarks niemals einzeln freisetzen kann, spricht man von „Eingeschlossenheit“ (engl. confinement). Dieses confine- ment ist eine Folge der Farbladungen der Gluonen. i Bosonen, Spin 1 oder 2 Wechsel- wirkung Austausch- teilchen Reichweite in m Masse in GeV/ c 2 relative Stärke Spin betroffene Teilchen Ladung Beispiele für die Rolle im Universum starke 8 Gluonen 10 –15 0 1 1 Quarks 0 bindet Quarks zu Protonen und Neutronen, bindet Atomkerne elektromagne- tische Photon ∞ 0 10 –2 1 geladene Teilchen 0 bestimmt die Struktur von Atomen, Molekülen, Flüssigkeiten und Festkörpern schwache W + , W – , Z 0 10 –18 W ± 80,4 Z 0 91,2 10 –15 1 Quarks und Leptonen +1, –1, 0 ermöglicht langlebige instabile Atomkerne und die Kernfusion in der Sonne gravitative Graviton ∞ 0 10 –38 2 alle 0 bindet die Materie zu Planeten, Sternen und Galaxien Tab. 17.7: Die fundamentalen Wechselwirkungen und ihre Austauschteilchen: Die Gravitation wird nicht durch das Standardmodell beschrieben. Wenn man Gluonen und W-Bosonen jeweils als nur 1 Teilchen zählt, gibt es im Rahmen des Standardmodells 4 Austauschteilchen. Wenn man Gluonen und W-Bosonen aufgedröselt zählt, kommt man auf 12 Austauschteilchen. Geschmackssache (siehe auch Abb. 17.26, S. 161)! Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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