Big Bang HTL 4, Schulbuch

152 Thermodynamik und moderne Physik (IV. Jg., 8. Sem.) Abb. 17.3: Bildliche Analogie zu verschiedenen Spins: Beim Spin ½ versagt unsere Vorstellungskraft. Man kann alle Teilchen dieses Universums anhand ihres Spins in zwei Gruppen einteilen: solche mit halbzahligem Spin, die Fermionen, und solche mit ganzzahligem Spin, die Bosonen (Tab. 17.1). Die unterschiedlichen Eigenschaften von Fermionen und Bosonen sind entscheidend für den Auf- bau dieses Universums. Fermionen Bosonen Für diese gilt das Pauli-Verbot. Sie sind nach dem italienischen Physiker E NRICO F ERMI benannt. Für diese gilt das Pauli-Verbot nicht. Sie sind nach dem indischen Physiker S ATYENDRA N ATH B OSE benannt. Elektron, Spin ½ Proton, Spin ½ Neutron, Spin ½ Photon, Spin 1 Tab. 17.1: Die prominentesten Fermionen und Bosonen Fermionen, aus denen alle Atome des Universums aufge- baut sind, unterliegen dem sogenannten Ausschließungs- prinzip. Es wurde von W OLFGANG P AULI formuliert und wird daher auch Pauli-Verbot genannt. In seiner allgemeinen Form lautet es: Spin und Quantenspin Warum spricht man vom Spin, wenn man weiß, dass Quan- ten nicht im klassischen Sinn um ihre Achse rotieren? Das liegt daran, dass die Einheit des Planck’schen Wirkungs- quantums und somit auch von ħ der Einheit eines Dreh- impulses entspricht, nämlich Js. Der Spin entspricht aber nicht nur mathematisch-formal einem Drehimpuls, er ist tatsächlich ein Drehimpuls. Das heißt, dass man bei Teilchen mit Spin wirklich einen Drehimpuls messen kann, obwohl sie auf der anderen Seite keine kleinen rotierenden Kugeln sein können. Zugegeben: Das ist sehr verwirrend! Abb. 17.2: Bei makroskopischen Objekten kann man die Richtung des Spinvektors mit der rechten Hand bestimmen. Auch Quanten kann man einen Spin zuordnen. Aber Achtung: Quanten sind keine rotierenden Kugeln. i In einem System dürfen zwei Teilchen mit halbzahligem Spin niemals im gleichen Zustand sein. Sie müssen sich zu- mindest durch ein Merkmal unterscheiden. Das hört sich vielleicht harmlos an, aber das Universum würde ohne Pauli-Verbot völlig anders aussehen. Sehen wir uns die ersten drei Elemente des Periodensystems an. Das einzige Unterscheidungsmerkmal von Elektronen ist ihr Spin. Weil der Spin nur entweder hinauf oder hinunter zei- gen kann, passen ins 1s-Orbital nur zwei Elektronen. Des- halb muss das dritte Elektron im Lithiumatom quasi ein neues Orbital eröffnen ( F4 ). Abb. 17.4: Die ersten drei Elemente: Die Pfeile geben den Spin der Elektronen an. Das ist aber nur ein Modell. Die Elektronen sind nicht lokalisierbar. Gäbe es das Pauli-Verbot nicht, dann würden sich alle Elekt- ronen immer auf der untersten Schale befinden. Die Ele- mente würden ihre typischen chemischen Eigenschaften verlieren. Alle Atome könnten sich dann mit allen Atomen verbinden, und die Anzahl der Atome in den Molekülen wäre nach oben hin nicht begrenzt. Leben in der uns ge- wohnten Form könnte sich unter diesen Bedingungen nicht entwickeln. Außerdem würden ohne Pauli-Verbot die Elemente mit zu- nehmender Ordnungszahl kleiner werden, weil die Elektro- nen durch die Erhöhung der Protonenzahl näher an den Kern herangezogen würden. Uran-Atome wären somit am kleinsten. Das Pauli-Verbot verleiht also gemeinsam mit der Unschärferelation (siehe Kap. 12.5) der Materie ihr Volumen! Für Bosonen, wie etwa die Photonen, gilt das Pauli- Verbot nicht. Deshalb können sich beliebig viele Photonen an einer Stelle befinden ( F4 ). Anders gesagt: Eine Lichtquelle kann beliebig hell sein! Auch für virtuelle Photonen, die die elektromagnetische Kraft vermitteln (Kap. 17.2.3), gilt das Pauli-Verbot nicht. Deshalb kann die elektromagnetische Kraft beliebig groß sein. Zusammenfassung Anhand ihres Spins kann man alle Teilchen in Fermionen und Bosonen einteilen. Nur die Fermionen, aus denen die Materie aufgebaut ist, unterliegen dem Pauli-Verbot. Das führt zu den charakteristischen chemischen Eigenschaften der Elemente. Z Nur zu Prüfzwecken – Eig ntum des Verlags öbv

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