Big Bang HTL 4, Schulbuch

148 Thermodynamik und moderne Physik (IV. Jg., 8. Sem.) Solche Bedingungen herrschen bei extrem hohen Tempera- turen , bei extrem hohem Druck oder einer Kombination von beidem. Im Inneren der Sonne herrschen eine Temperatur von 16 Millionen Kelvin und ein Druck von einigen hundert Milli- arden Atmosphären (etwa 2 · 10 16 Pa). Das Gas liegt in Form eines Plasmas vor. Kerne und Elektronen sind dabei vonein- ander getrennt. Trotz der extremen Bedingungen ist die Sonne im Inneren zu kalt, die kinetische Energie der Kerne also zu gering, dass nach klassischer Theorie Fusion ablau- fen könnte. Den entscheidenden Beitrag liefert der Tunnel- effekt (Abb. 16.15, S. 185). Du verdankst dein Leben also unter anderem einem quantenmechanischen Phänomen ( F7 ). Info: Kernfusionsreaktor Kernfusionsreaktor Ein Fusionsreaktor arbeitet nur sinnvoll, wenn unterm Strich mehr Energie rauskommt als man investiert. Wovon hängt die vom Plasma abgegebene Energie ab? 1) Von der Einschlusszeit ( τ ): Je länger das Plasma einge- schlossen ist, desto größer die Fusionswahrscheinlichkeit. 2) Von der Teilchendichte ( n ): Mit wachsender Teilchenzahl pro Volumen wächst die Stoßwahrscheinlichkeit. 3) Von der Temperatur ( T ): Mit wachsender Temperatur steigt die kinetische Energie der Kerne. Abb. 16.16: Der riesige ITER soll etwa 500 MW liefern. Das entspricht der zwei- bis dreifachen Leistung eines Donaukraftwerks. Das Plasma wird durch riesige Spulen in der ringförmigen Plasmakammer gehalten. Damit ein Fusionsreaktor Energie abwirft muss gelten: τ · n · T > 6 · 10 28 sKm –3 . Das nennt man das Lawson-Kriterium. Nehmen wir als Beispiel den i nternationalen t hermonuk- learen E xperimental r eaktor ITER (Abb. 16.16). Er ist das aus- sichtsreichste Projekt und soll frühestens 2025 in Betrieb gehen. Beim ITER arbeitet man mit extrem verdünntem Plasma mit 10 20 Teilchen pro m 3 . Zum Vergleich: Luft hat etwa 3 · 10 25 Teilchen pro m 3 . Bei einer Einschlusszeit von 3 Sekunden muss die Temperatur satte 200 Millionen Kelvin betragen (rechne nach)! Die Heizung erfolgt durch starke Ströme. Ein großes Problem ist aber nicht nur das Erzeugen dieser extremen Temperaturen, sondern auch die nötige Einschlusszeit ( F6 ). i Zusammenfassung Kernfusion kann dann ablaufen, wenn leichte Atomkerne eine extrem hohe kinetische Energie besitzen. Das ist z. B. bei hohen Temperaturen der Fall. Die kommerzielle Nutzung der Kernfusion ist auf Grund technischer Probleme bislang gescheitert. 16.3 Das Arsenal des Schreckens Kernwaffen Die enorme Energie in den Atomkernen kann leider auch dazu genutzt werden, um verheerende Waffen zu bauen. Kernwaffen, auch als Nuklearwaffen oder nicht ganz kor- rekt als Atomwaffen bezeichnet, beziehen ihre unglaubliche Explosionsenergie aus einer Kettenreaktion (Kap. 16.1). Im Prinzip löst man in einer Kernwaffe das aus, was man in einem Atomkraftwerk unbedingt verhindern will, nämlich eine nicht mehr zu stoppende Kernspaltungsreaktion mit einem Multiplikationsfaktor über 1 ( F8 ). Isotop kritische Masse Neutronen werden … nicht reflektiert reflektiert Uran-235 kam in der Hiroshima- Bombe zum Einsatz 49,0 kg 22,8 kg Plutonium-239 kam in der Nagasaki-Bombe zum Einsatz 10,0 kg 5,42 kg Tab. 16.1: Kleinste kritische Massen bei Kugelform: Wird diese Menge überschritten, kommt es zur Kettenreaktion. Nehmen wir U-235. Bei diesem werden bei der Kernspaltung im Schnitt 2,4 Neutronen frei (Abb. 16.3). Bei einer kleinen Uranmenge erreichen die meisten Neutronen die Außen- flächen, bevor sie eine weitere Kernspaltung auslösen. Der Multiplikationsfaktor k liegt dann unter 1. Wenn man die Menge vergrößert, wird der Weg der Neutronen an die Ober- fläche länger. Irgendwann überschreitet man die soge- nannte kritische Masse (Tab. 16.1). Dann lösen mehr als 42% der entstehenden Neutronen eine neue Kernspaltung aus (also k > 2,4 · 0,42 = 1), und eine Kettenreaktion läuft ab. Die Bauweisen der Kernwaffen sind unterschiedlich, aber das Prinzip ist immer dasselbe. Das spaltbare Material ist so auf- geteilt, dass es eine unterkritische Masse besitzt (Abb. 16.17). Durch einen herkömmlichen Sprengsatz werden die Teile aufeinander geschossen. Die Masse wird überkritisch und explodiert wegen der ablaufenden Kettenreaktion. Z Was ist der grundlegende Mechanismus, der allen Kernwaffen zu Grunde liegt? Warum ist die Wirkung von Kernwaffen im Vergleich mit herkömmlichem Sprengstoff so verheerend? Was versteht man unter der kritischen Masse? Was bezeichnet man als TNT? F8 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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