Big Bang HTL 4, Schulbuch

Energie aus den Atomkernen 16 Thermodynamik und moderne Physik (IV. Jg., 8. Sem.) 147 16.2 Die Wiege des Lebens Kernfusion In der Sonne läuft die Kernfusion seit 5 Milliarden Jahren ab und hat die Entstehung von Leben ermöglicht. Bislang ist es aber nicht gelungen, auf der Erde die Fusion zur Energie- bereitstellung zu nutzen. Ganz allgemein gilt: Wenn nach einem Ereignis die beteilig- ten Teilchen stärker gebunden sind, wird Energie frei. In Eisen-56 sind die Nukleonen am stärksten gebunden (Abb. 16.13). Deshalb wird sowohl bei der Spaltung schwere- rer Elemente (Kap. 16.1) als auch bei der Fusion leichterer Elemente Energie freigesetzt. Die Nukleonen verlieren dabei an Masse und somit auch an Energie. Kernfusion ist die Energiequelle der Sterne und somit auch der Sonne. In den meisten Sternen fusioniert dabei Wasserstoff-1 über mehre- re Zwischenschritte zu Helium-4. Man spricht daher auch vom „Wasserstoffbrennen“. Info: Fusionsreaktor Sonne Abb. 16.13: Die Nukleonen in den fusionierten Kernen sind stärker gebunden, hier am Beispiel von Wasserstoff und Helium (siehe auch Abb. 16.4). Der Fusionsreaktor Sonne hat die unfassbare Leistung von rund 10 26 Watt. In nur einer einzigen Sekunde strahlt die Sonne so viel Energie ab, dass man damit die ganze Welt für hunderttausende Jahre versorgen könnte!!! Der Massen- defekt liegt bei etwa einer Milliardekg pro Sekunde. Das entspricht der Masse eines Wasserwürfels mit 100 m Seiten- länge. Wie ist es möglich, zwei Atomkerne zu fusionieren? Diese stoßen einander auf Grund ihrer Ladung doch ab! Warum ist man bislang bei der Energiefreisetzung durch Fusion gescheitert? Welche technischen Probleme müssen dabei überwunden werden? Du verdankst dein Leben einem quantenmechani- schen Effekt! Welcher könnte das sein? F5 F6 F7 Abb. 16.15: Die Protonen in der Sonne nähern sich auf etwa 10 –12 m an. Die Kernkraft wirkt aber erst ab 10 –15 m. Trotzdem gibt es eine gewisse Wahr- scheinlichkeit, dass das Proton den Energieberg durchtunnelt. Dieses quantenmechanische Phänomen nennt man Tunneleffekt . Wie ist es rein prinzipiell möglich, Atomkerne zu fusionie- ren? Diese stoßen einander ja ab ( F5 )! Damit eine Fusion möglich ist, müssen die Kerne eine extrem hohe kinetische Energie aufweisen. Nur dann kommen sie einander bei Stö- ßen nahe genug, dass sie von der Kernkraft (Kap. 17.2.3) ein- gefangen und fusioniert werden können. Fusionsreaktor Sonne Es gibt verschiedenste Fusionsreaktionen, die im Inneren von Sternen ablaufen. Wir sehen uns exemplarisch die Pro- ton-Proton-Reaktion an (Abb. 16.14), die in Sternen wie der Sonne die größte Rolle spielt. Sie kann ablaufen, wenn die Temperatur im Sterninneren mindestens 3 Millionen Kelvin beträgt. Protonen sind H 1-Kerne. Es handelt sich dabei also um eine Fusion von Wasserstoff-1 zu Helium-4-Kernen. Was- serstoff ist quasi der „Brennstoff“ und Helium die „Asche“. Die Nettoreaktion lautet: 4 · 1 H ⇒ 4 He + 2 e + + 2 ν e + 2 γ + Energie Abb. 16.14: Die Proton-Proton-Reaktion, die in unserer Sonne über 90% der freigesetzten Energie ausmacht: Dabei entstehen auch 2 Positronen ( β + ), 2 Neutrinos ( ν e ) und 2 γ -Quanten. 2 Neutronen dienen quasi als Katalysator und werden zum Schluss wieder frei. Welchen „Brennwert“ hat ein Kilogramm H-1? Schätzen wir mit Hilfe von Abb. 16.13 ab. Wird ein Kilogramm H-1 voll- ständig zu He-4 fusioniert, gehen etwa 0,75% beziehungs- weise 7,5g der Masse verloren. Nach E = mc 2 ist dabei die unglaubliche Energie von 6,8 · 10 14 J frei geworden. Die Kernfusion von Wasserstoff ist damit knapp 8-mal so effizi- ent wie die Spaltung von Uran (siehe Kap. 16.1). Um die Strahlungsleistung von 10 26 W erzeugen zu können, muss der Massendefekt der Sonne pro Sekunde ∆ m = ∆ E/c 2 ≈ 10 9 kg betragen. Dazu müssen etwa 1,5 · 10 11 kg Wasserstoff pro Sekunde fusioniert werden. Das klingt viel, aber relativ zur Sonnenmasse von 2 · 10 30 kg ist das extrem wenig. i Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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