Big Bang HTL 4, Schulbuch

Radioaktivität 15 Thermodynamik und moderne Physik (IV. Jg., 8. Sem.) 137 15.1.1 α -Zerfall Kerne mit einer Ladungszahl größer als 82, also Elemente ab Blei, senden hin und wieder Heliumkerne aus (Abb. 15.4). Man nennt diese auch α -Teilchen. Ein schwerer Kern zerfällt also quasi in zwei leichtere Kerne. Die Zerfallsprodukte ha- ben in Summe eine kleinere Masse, die Energie wurde also verringert. Die Bindungsenergie steckt nachher in der kine- tischen Energie des α -Teilchens. Sein „Entkommen“ aus dem Kern kann man nur quantenmechanisch verstehen. Info: Ein Tunnel in die Freiheit Abb. 15.4: Zerfall von 238 Uran in 234 Thorium und einen Heliumkern ( α -Teilchen): Auf einen solchen Zerfall muss man allerdings sehr lange warten (siehe Tab. 15.2). Abb. 15.5: Verschiebung der Nuklide bei den verschiedenen radio- aktiven Zerfällen (siehe auch Tab. 15.1, S. 140) Ursache allgemein und Beispiel Reichweite in m in Luft, Wasser, Blei relative biologische Wirkung α Kern ist zu schwer A X → A–4 Y + 4 He 238 U → 234 Th + α 10 –1 , 10 –4 , 10 –5 20 β – zu viele Neutro- nen A X → A Y + e – + — ν e 14 C → 14 N + e – + — ν e 10, 10 –3 , 10 –4 1 β + zu viele Protonen A X → A Y + e + + ν e 40 C → 40 Ar + e + + ν e 1 γ Kern hat zu viel Energie A X* → A X + y 60 Ni* → 60 Ni + y 10 3 , 10 0 , 10 –1 1 Tab. 15.1: Die Arten der radioaktiven Strahlung: In Wasser ist die Reichweite aller Strahlen um den Faktor 10 3 geringer als in Luft, in Blei noch mal um den Faktor 10. Z Z–2 2 92 90 Z Z+1 6 7 Z Z–1 19 18 Z Z 28 28 Zusammenfassung Schwere Kerne sind instabil, weil die elektrische Abstoßung größer ist. Durch das Emittieren eines Heliumkerns bzw. α -Teilchens kann der Kern in einen Zustand größerer Stabi- lität übergehen. 15.1.2 β -Zerfall Wenn im Kern zu viele Neutronen oder Protonen sind, kommt es zum β -Zerfall (Tab. 15.1). Dabei unterscheidet man zwei Fälle (siehe Abb. 15.7): In beiden Fällen hat der Kern nachher weniger Energie, die Nukleonen sind also stärker gebunden. In beiden Fällen ent- steht beim Zerfall auch ein Neutrino ν e bzw. ein Antineutri- no — ν e . Diese sehr eigenartigen Teilchen wechselwirken prak- tisch nicht mit Materie. Sie fliegen ungehindert durch alles und spielen im Rahmen der radioaktiven Strahlung keine Rolle. Wir werden sie in Kap. 17.2.1 näher besprechen. Ein Tunnel in die Freiheit Radioaktivität tritt ohne äußere Einwirkung auf. Aus klassi- scher Sicht ist es unmöglich, dass das α -Teilchen der Kern- kraft entkommt, denn es kann nicht von selbst über die Potenzialbarriere gelangen (Abb. 15.6). Das wäre so, als würde ein Apfel von selbst aus einer tiefen Schale springen! Im Rahmen der Quantenmechanik ist es aber möglich. Eine Konsequenz der Unschärferelation ist, dass sich Quanten für kurze Zeit Energie „ausleihen“ können. Das kann man durch die Gleichung ∆ E · ∆ t ≥ h /13 ausdrücken (Kap. 12.5). Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit kann sich das α -Teilchen die fehlende Energie „ausleihen“. Es wirkt dann so, als hätte es die Potenzialwand „durchtunnelt“, und man spricht daher vom Tunneleffekt (siehe Abb. 20.11). Das erklärt die unter- schiedlichen Halbwertszeiten (Kap. 15.2). Je größer die aus- zuleihende Energie, desto geringer die Wahrscheinlichkeit für den Tunneleffekt und desto länger die Halbwertszeit. Für U-228 etwa beträgt diese bloß 9,1 Minuten, für U-238 bereits 4,5 Milliarden Jahre!!! Abb. 15.6: Schematische Darstellung des Tunneleffekts beim α -Zerfall: Bei U-228 hat das freie α -Teilchen mehr Energie als bei U238 und muss sich weniger Energie „leihen“. Der Kern zerfällt mit größerer Wahrscheinlichkeit (siehe auch Tab. 15.2). i Z Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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