Big Bang HTL 4, Schulbuch

Das moderne Atommodell 13 Thermodynamik und moderne Physik (IV. Jg., 8. Sem.) 123 Du siehst also: Aus klassischer Sicht würden in jedem Fall die Teilchen aufeinander „kleben“ und nach außen hin neu- tral sein. Was passiert aber in der Realität, wenn ein Elektron auf ein Proton trifft? Es entsteht ein Wasserstoffatom! Du siehst al- so, warum es unmöglich war, Anfang des 20. Jahrhunderts ein schlüssiges Atommodell zu finden. Aus klassischer Sicht dürfte es Atome nämlich gar nicht geben! Was verhindert aber den Kollaps des Atoms? Die Unschärferelation! Die Unschärferelation führt zu einem sehr spektakulären Schluss: Je kleiner der Raum ist, in dem man ein Quant ein- sperrt, desto größer wird seine Energie, die sogenannte Lokalisationsenergie ( F6 ). Je näher also das Elektron an das Proton herangezogen wird, desto geringer wird seine Ortsunschärfe und desto größer seine Lokalisationsenergie . Diese summiert sich zur potenziellen Energie, die durch die Anziehung zwischen den Teilchen gegeben ist. Das System Elektron-Proton stellt sich nun so ein, dass die Energie- summe ein Minimum wird (Abb. 13.6). Info: Lokalisationsenergie Es stellt sich also ein stabiler Zustand ein, bei dem die Energiesumme ein Minimum ist. Daraus ergibt sich aber wiederum eine ganz bestimmte Ortsunschärfe des Elekt- rons. Diese Ortsunschärfe entspricht dem Radius des Atoms (Abb. 13.7). In der Quantenmechanik verliert der Bahnbegriff ja seine Gültigkeit. Das Elektron ist also quasi über den ge- Warum verliert der Bahnbegriff in der Quantenmecha- nik seine Bedeutung? Lies nach in Kap. 12.5! Im leeren Raum trifft ein Elektron auf ein Proton. Weil sie gegengleich geladen sind, ziehen sie einander an. Das Proton hat eine Masse, die rund 2000-mal so groß ist wie die des Elektrons. Was passiert bei diesem Aufeinandertreffen? Was passiert mit der kinetischen Energie eines Quants, das man auf engem Raum einsperrt? Über- lege mit Hilfe der Unschärferelation! F4 F5 F6 Abb. 13.6: Energien eines Elektrons im Feld eines Protons: Es summieren sich die potenzielle Energie, die durch die elektrische Anziehung zu Stande kommt, und die Lokalisations- energie, die eine Folge der Unschärfe- relation ist. samten Bereich der Ortsunschärfe zu finden. Es ist, salopp gesagt, überall und gleichzeitig nirgends. Man nennt den Aufenthaltsbereich des Elektrons auch Orbital. a b Abb. 13.7: a) Nach klassischer Sicht existiert nur die potenzielle Energie und das Elektron „stürzt“ quasi in den Potenzialtopf, also auf das Proton zu. b) Aus quantenmechanischer Sicht gibt es aber zusätzlich die Lokalisationsenergie, die mit der Annäherung zunimmt. Das Elektron stabilisiert sich mit einer Ortsunschärfe ∆ x , die dem Atomradius entspricht. Es ist paradox und zugleich faszinierend: Das, was allen Dingen die Masse verleiht (der Atomkern), hat so gut wie kein Volumen. Das, was den Dingen das Volumen verleiht (die Elektronenhülle), hat so gut wie keine Masse. Und über Lokalisationsenergie Aus der Unschärferelation ergibt sich, dass mit Verkleinern der Ortsunschärfe die Impulsunschärfe wachsen muss. Wenn man also ein Teilchen „einsperrt“, dann erhöht sich zwangsläufig sein Impuls p , denn dieser kann natürlich nicht kleiner sein als die Impulsunschärfe: p ≥ ∆ p ≥ h ___ 4 π∆ x Klassisch gesehen ist der Impuls eines Teilchens p = mv und die kinetische Energie E = ( mv 2 )/2. Setzt man in die Ener- giegleichung für v = p/m ein und verknüpft das Ganze mit der Unschärferelation, dann bekommt man: E kin = mv 2 ___ 2 = p 2 ___ 2 m ≥ ( ∆ p ) 2 ____ 2 m ≥ ( h ___ 4 π∆ x ) 2 _______ 2 m ≥ h 2 _________ 32m π 2 ( ∆ x ) 2 Daraus kann man zwei Dinge ableiten: 1) Die kinetische Energie eines Elektrons in der Atomhülle kann nicht null sein. 2) Je enger man das Elektron einsperrt, desto größer wird die kinetische Energie und umgekehrt. Es gilt: E kin ~ 1 ____ ( ∆ x ) 2 Wichtig: Diese kinetische Energie kommt nicht durch ir- gendeine Bewegung zu Stande, sondern einzig und allein durch die Einschränkung des Aufenthaltsbereiches. Das ist – zugegeben – schwer zu verstehen! Weil diese Energie durch die Einschränkung des Ortes, also durch die Lokalisa- tion entsteht, nennt man sie Lokalisationsenergie . i Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv

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