Big Bang HTL 4, Schulbuch

Thermodynamik und moderne Physik (IV. Jg., 8. Sem.) 121 Das moderne Atommodell 13 Der griechische Philosoph Demokrit meinte vor rund 2400 Jahren salopp gesagt, dass alle Stoffe aus winzigen, unteilbaren Kugeln bestehen. Aus dem griechischen Wort „atomos“ (= unteilbar) leitet sich das heute gebräuchliche Wort Atom ab. Demo- krits Modell hielt im Prinzip bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, also rund 2300 Jahre lang! Dann ging es aber Schlag auf Schlag, denn innerhalb von knapp 30 Jahren wurde über mehrere Zwischenstufen jenes Atommodell entwickelt, das noch heu- te seine Gültigkeit besitzt. Es basiert auf den Erkenntnissen der Quantenmechanik (siehe Kap. 12). Dieses quantenmechani- sche Atommodell wirft ein Problem auf: Es ist sehr unanschaulich. Auf die Frage, wie man sich ein Atom vorstellen soll, hat Werner Heisenberg angeblich einmal geantwortet: „Versuchen Sie es erst gar nicht!“ Aus diesem Grund findet man heute noch sehr oft das veraltete Atommodell, bei dem die Elektronen den Kern umkreisen, ähnlich wie Planeten die Sonne (Abb. 13.1 und 13.2). Die Entwicklung des Atommodells ist ein sehr schönes Beispiel dafür, wie in der Physik generell Modelle mit der Zeit immer wieder verbessert werden, indem man Experimente und theoretische Überlegungen einbezieht. Abb. 13.1: Die Flagge der Internationalen Atom-Energie-Behörde (International Atomic Energy Agency, IAEA) zeigt ein Atom mit umlaufenden Elektronen, quasi ein Mini-Planetensystem. Wir wissen seit etwa 1925, dass diese Vorstellung falsch ist! 13.1 Rasen betreten verboten Atommodelle vor der Quantenmechanik Wir werfen hier einen kurzen Blick auf die historischen Atommodelle zwischen 1897 und 1913. Natürlich sind diese aus heutiger Sicht nicht richtig, aber es geht darum zu zei- gen, wie durch experimentelle Ergebnisse und theoretische Überlegungen diese Modelle verbessert und an die Wirk- lichkeit angepasst wurden. Das Atommodell der kleinen unteilbaren Kugeln von D EMO - KRIT hielt von der Antike bis 1897 . In diesem Jahr konnte der britische Physiker J OSEPH J. T HOMSON im Experiment die Exis- tenz von Elektronen nachweisen. Damit war natürlich das Modell von Demokrit erledigt, denn man hatte nun einen Beleg dafür, dass Atome doch noch weiter teilbar sind. Thomson vermutete, dass Atome aus einer gleichmäßig ver- teilten positiven Ladung und den negativ geladenen Elek- tronen bestehen, die sich darin wie Rosinen in einem Kuchen befinden. Deshalb nannte man das Modell auch Rosinenkuchenmodell (Abb. 13.2). Etwa 10 Jahre später konnte E RNEST R UTHERFORD aber in einem Experiment zeigen, dass auch das Rosinenkuchenmodell nicht stimmen kann. Er stellte nämlich fest, dass die Masse im Atom keineswegs gleichmäßig verteilt, sondern auf einen überaus winzigen positiven Kern konzentriert ist, der nur etwa 10 –14 m groß ist. Um diesen Kern kreisen laut Rutherford die Elektronen, so dass der Durchmesser des gesamten Atoms bei rund 10 –10 m liegt. Was versteht man in der Physik unter Beschleuni- gung? Lies nach in Kap. 4, NAWI I! Was entsteht, wenn man Ladungen, wie zum Beispiel Elektronen, beschleunigt? Lies nach in Kap. 7, NAWI III. Es gibt einen prinzipiellen, nichtquantenmechani- schen Grund, der dagegen spricht, dass die Elektronen um den Kern kreisen? Welcher könnte das sein? F1 F2 F3 Abb. 13.2: Wichtige Stationen in der Entwicklung des Atommodells (siehe auch Tab. 13.1): Du siehst, der Weg von den harten Kugeln bis zum modernen Modell dauerte nur etwa 30 Jahre! Die von Rutherford ge- fundene Einteilung des Atoms in Kern und Hülle gilt noch heute. Aber sein Atommodell hatte zwei große Schwachstellen . Die erste waren die um den Kern kreisenden Elektronen. Jede Kreis- bahn bedeutet eine be- schleunigte Bewegung ( F1 ). Also waren auch die kreisenden Elektro- nen beschleunigt. Be- schleunigte Elektronen senden aber generell elektromagnetische Wel- len aus ( F2 ). Daher müsste man bei einem Atom diese Strahlung nachweisen können. In der Realität tritt sie aber nicht auf. Außerdem müssten die Elektronen durch die Abstrahlung pausenlos Energie verlieren und auf einer Spiralbahn in den Kern hineinfallen ( F3 ; Abb. 13.3). Auch das widerspricht der Realität. Es gab aber noch eine weitere Schwachstelle. In Ruther- fords Modell können die Elektronen in beliebigem Abstand um den Kern laufen. Sie könnten daher auch elektromagne- tische Wellen beliebiger Frequenz aussenden. Deshalb müsste ein angeregtes Wasserstoffatom in allen Farben leuchten. Tatsächlich sendet es aber nur bei ganz bestimm- ten Frequenzen sichtbares Licht aus. Und das konnte man mit dem Rutherford’schen Modell nicht erklären. 35ub2b Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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