Big Bang HTL 4, Schulbuch

Welle und Teilchen 12 Thermodynamik und moderne Physik (IV. Jg., 8. Sem.) 117 Zusammenfassung De Broglie erkannte, dass nicht nur Licht, sondern alle klei- nen Objekte (wie Elementarteilchen, aber auch Moleküle) sowohl Wellen- als auch Teilcheneigenschaften aufweisen. Man kann daher auch Elektronen, Atome und sogar Riesen- moleküle zur Interferenz bringen. 12.4 Es wird gewürfelt Quanten, Zufall und Wahrscheinlichkeit R ICHARD F EYNMAN hat das Doppelspalt-Experiment einmal als das „Herz der Quantenmechanik“ bezeichnet. Anhand die- ses Experiments wird tatsächlich jene Paradoxie sehr klar, die A LBERT E INSTEIN immer ein Gräuel war. Was passiert, wenn man Quanten nacheinander durch einen Doppelspalt schießt? Abb. 12.10 zeigt das Ergebnis eines Versuches mit Elektronen . Die ersten treffen scheinbar völlig zufällig auf. Nachdem jedoch viele Tausende Elektro- nen durch den Doppelspalt geflogen sind, erscheint wieder das typische Streifenmuster! Das funktioniert im Übrigen mit allen Quanten, also auch mit Photonen oder Fußball- molekülen ( F10 ). Abb. 12.10: Die Abbildungen zeigen den Aufbau eines Interferenzmus- ters bei einem Doppelspalt-Experiment mit einzelnen Elektronen. Die Anzahl der Elektronen beträgt von a bis d: 7, 100, 3000, 70.000. Dieses Ergebnis ist verblüffend und sehr absurd! Es sieht nämlich so aus, als würde jedes Teilchen durch beide Spalte fliegen und quasi mit sich selbst in Interferenz kommen. Sonst dürfte man ja nur zwei Streifen sehen (wie in Abb. 12.2, Kap. 12.1). Hier stoßen wir an die Grenze des menschlichen Verstandes. Man kann dieses Phänomen zwar berechnen, aber niemand kann es sich bildlich vorstellen. Z Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, mit einem Würfel einen 6er zu werfen? Und hilft dir das Wissen um diese Wahrscheinlichkeit, um den nächsten Wurf vorherzusagen? Was passiert mit dem Muster hinter einem Doppel- spalt, wenn man die Photonen oder Elektronen einzeln durchschießt? Gibt es dann auch viele helle Streifen? F9 F10 Die heute gängige Interpretation dieses Phänomens ist die, dass der Aufprallpunkt eines Teilchens durch eine Wahr- scheinlichkeitswelle bestimmt wird, die tatsächlich durch beide Spalte geht. Die mathematische Beschreibung dazu entwickelte der österreichische Nobelpreisträger E RWIN S CHRÖDINGER . Die Interferenzen dieser Wahrscheinlichkeits- welle sind dann gewissermaßen „Wahrscheinlichkeitsstrei- fen“ (Abb. 12.11). An Orten mit konstruktiver Interferenz (a) ist das Auftreffen des Teilchens wahrscheinlicher als an Orten mit destruktiver Interferenz (b). Es ist aber unmöglich vorherzusagen , wo ein bestimmtes Teilchen tatsächlich auf- prallen wird. Info: Kleine Quantenmathematik Es ist ähnlich wie beim Würfeln. Die Wahrscheinlichkeit, einen 6er zu würfeln, beträgt 1/6. Diese Wahrscheinlichkeit bezieht sich aber auf den Schnitt sehr vieler Würfe. Es kann durchaus sein, dass du 100-mal würfelst und es ist kein ein- ziger 6er dabei ( F9 ). Kleine Quantenmathematik In der klassischen Physik gibt es zwei erfolgreiche Konzepte: Teilchen- und Wellenmodell. Bei Teilchen gibt man Energie ( E ) und Impuls an ( p ), bei Wellen Wellenlänge ( λ ) und Fre- quenz ( f ). In der Quantenwelt, der Welt der Doppelnatur, werden diese beiden Konzepte verknüpft. Zwei Gleichungen kennst du schon: die für die Photonen-Energie E = h · f (Kap. 12.2) und die de Broglie-Wellenlänge λ = h/p (Kap. 12.3). Ein weiteres wichtiges mathematisches Werkzeug in der Quantenmechanik ist die Wellenfunktion , mit der man die Wahrscheinlichkeitswelle beschreibt. Sie wird mit ψ bezeich- net, das ist ein griechisches Psi. Wenn man die Wellenfunk- tion eines Quants kennt, dann kann man berechnen, wie es sich hinter einem Doppelspalt verhält. ψ kann ein sehr komplizierter Ausdruck sein, und wir wer- den ihn daher bei den späteren Überlegungen nur grafisch darstellen. Das Quadrat des Betrages dieser Funktion, also | ψ | 2 , nennt man die Wahrscheinlichkeitsdichte . Auch hier zeigt sich wiederum eine Verbindung zwischen Welle und Teilchen: Die (Aufenthalts) Wahrscheinlichkeit ( P ), das Teil- chen in einem kleinen Volumen (∆ V ) der Wahrscheinlichkeits- welle nachzuweisen, ist proportional zu | ψ | 2 an dieser Stelle. In Abb. 12.11 ist also die Wahrscheinlichkeitsdichte bei a grö- ßer als bei b. Deshalb entsteht nach dem Durchschuss vieler Photonen bei a ein heller Streifen und bei b ein dunkler. Energie – Frequenz E = h · f Impuls – Wellenlänge p = h / λ Aufenthaltswahrscheinlichkeit – Wellenfunktion P = | ψ | 2 ∆ V Tab. 12.3: Jene drei Formeln, die den Zusammenhang zwischen Teilchen- und Wellenmodell herstellen: Auf der linken Seite der Gleichung steht immer die Teilcheneigenschaft. Verwechsle nicht den Impuls klein p mit der Wahrscheinlichkeit groß P ! i Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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