Big Bang HTL 3, Schulbuch

Bewegungsgleichungen 1 Ausgewählte Kapitel der klassischen Physik (III. Jg., 5. Sem.) 9 Abb. 1.14: Die Originaldaten (Punkte) und die gefittete s - t -Funktion zu Bolts Weltrekordlauf (siehe auch Info: Kurvenfit) Nun kommt man nämlich durch Differenzieren der s - t -Funk- tion sofort auf die v - t -Funktion (Abb. 1.15). Bolts berechnete Maximalgeschwindigkeit betrug demnach beachtliche 12,2m/s oder 43,9 km/h. Aber wir machen hier natürlich noch nicht Halt, sondern ermitteln durch nochmaliges Differen- zieren auch die a - t -Funktion. Und diese offenbart eine Über- raschung, denn Bolts Beschleunigung liegt zu Beginn im Bereich von 10m/s 2 und somit in der Größenordnung der Fallbeschleunigung g . Vergleichen wir das mit der Beschleunigung von Autos. Ein VW Golf mit 63 kW (86PS) benötigt von 0 auf 100 km/h (27,8m/s) eine Zeit von 11,9 s, was einer durchschnittlichen Beschleunigung von 27,8m/s/11,9 s = 2,34m/s 2 entspricht. Auf den ersten Metern hätte also der Golf gegen Bolt nicht den Funken einer Chance. Aber selbst ein F1-Auto mit 2,5 s von 0 auf 100 km/h hat eine Beschleunigung von „nur“ 11,12m/s 2 . Es ist erstaunlich, dass ein Weltklassesprinter – zumindest auf den ersten Metern – in den Beschleuni- gungsbereich eines Formel-1-Boliden vorstoßen kann ( F11 ). Abb. 1.15: Der modellierte Geschwindigkeitsverlauf: Die v - t -Funktion wurde durch Differenzieren der s - t -Funktion aus Abb. 1.14 ermittelt. 1.3 Wie ein geölter Blitz Bewegungsgleichungen und 100-m-Sprint In diesem Abschnitt sehen wir uns am konkreten Beispiel des 100-m-Sprints an, wie man ausgehend von einer s - t -Funktion alles Mögliche berechnen kann, etwa Ge- schwindigkeiten und Beschleunigungen, Kräfte und Leistungen. Bei den Weltmeisterschaften 2009 in Berlin gewann U SAIN B OLT (Abb. 1.13) über 100 Meter die Goldmedaille und verbes- serte bei diesem Lauf seinen eigenen Weltrekord auf 9,58 s . Aus Messungen sind die Zeiten bekannt, die Bolt für die je- weiligen 10-m-Strecken benötigte (Tab. 1.1). Weil für unsere folgenden Analysen nur die Bewegungszeit interessant ist, ist die Reaktionszeit von diesen Werten abgezogen. Strecke [m] benötigte Zeit [s] 0 m 0 s 10 m 1,744 s 20 m 2,734 s 30 m 3,634 s 40 m 4,494 s 50 m 5,324 s 60 m 6,144 s 70 m 6,954 s 80 m 7,774 s 90 m 8,604 s 100 m 9,434 s + Reaktionszeit 0,146 s Gesamtzeit 9,580 s Tab. 1.1: Bolts Teilzeiten beim Weltrekord von 2009. Abb. 1.13: Usain Bolt bei der WM 2009 in Berlin Damit wir Geschwindigkeiten und Beschleunigungen be- rechnen können, brauchen wir zuerst eine s - t -Funktion, die sich möglichst gut an die Werte in der Tabelle anpasst (Abb. 1.14). Info: Kurvenfit -> S. 10 Man muss sich dabei darüber im Klaren sein, dass es sich bei dieser s - t -Funktion um ein Modell handelt - allerdings ein sehr realistisches. Die „wirkliche“ Bewegung ist viel kom- plizierter, weil der Schwerpunkt von Bolt bei jedem Schritt zuerst abgebremst und dann wieder beschleunigt wird. In der Realität wird die s - t -Kurve also gewissermaßen etwas wellig sein. Aber das Weg-Zeit-Modell in Abb. 1.14 ist realis- tisch und liefert uns die Möglichkeit für die nachfolgenden Berechnungen. Mit wie viel g beschleunigt ein PKW und mit wie viel ein F1-Bolide von 0 auf 100 km/h? Mit wie viel g beschleunigt ein Weltklassesprinter auf den ersten Metern? F11 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=