Big Bang HTL 3, Schulbuch

28 Ausgewählte Kapitel der klassischen Physik (III. Jg., 5. Sem.) Eine besondere Form von überlagerten Wellen sind die stehenden Wellen . Am besten kann man das anhand einer schwingenden Saite verstehen (Abb. 3.9 a). Bei dieser bilden sich an den Enden Schwingungsknoten und in der Mitte ein Schwingungsbauch oder mehrere Schwingungsbäuche aus. Knoten und Bäuche bleiben immer an derselben Stelle. Deshalb spricht man von einer stehenden Welle. Stehend bedeutet aber nicht statisch! Die Saite schwingt ja pausen- los. Eine Sanddüne zum Beispiel ist keine stehende Welle. Wie entsteht eine stehende Welle? Wenn zwei gleiche Wel- len in die Gegenrichtung laufen! Wenn du eine Saite zum Schwingen bringst, dann breiten sich in beide Richtungen Transversalwellen aus. Diese werden an den Enden reflek- tiert, laufen wieder durch die Saite bis zum anderen Ende und so weiter. Durch die Überlagerung der gegenläufigen Wellen entsteht dann eine stehende Welle (Abb. 3.10). Auch im Mikrowellenherd bilden sich durch Reflexionen stehende elektromagnetische Wellen aus. Das bedeutet, dass die Speisen an manchen Stellen stark erhitzt werden (Schwingungsbauch), und an anderen gar nicht (Schwin- gungsknoten). Deshalb dehnen sich auch die Marshmallows unterschiedlich stark aus ( F5 ). Damit die Speisen gleich- mäßig erwärmt werden, gibt es eben in den meisten Mikro- wellenherden einen Drehteller! Eine stehende Seilwelle kann sich nur bei ganz bestimmten Verhältnissen von Wellenlänge und Seillänge ausbilden (Abb. 3.9). Bei der Grundwelle (a) passt genau eine halbe Wellenlänge auf die Saite. Abb. 3.8: x - t -Diagramm einer stehenden Welle. Bei a befindet sich ein Schwingungsknoten, bei b ein Schwingungsbauch. Abb. 3.9: Grundwelle und drei Oberwellen bei einer schwingenden Saite. Die Saitenlänge ist dabei immer ein ganzzahliges Vielfaches von λ /2. Weil nur ganz bestimmte Wellenlängen auf eine Saite passen, kann diese auch nur ganz bestimmte Frequenzen erzeugen. Bei Longitudinalwellen in Blasinstrumenten und Orgelpfeifen ist das im Prinzip genauso, es gibt aber einen wesentlichen Unterschied. Weil bei einer Saite die Enden eingespannt sind und nicht schwingen können, entstehen dort natürlich immer Knoten. Bei einer schwingenden Luft- säule entstehen an geschlossenen Enden ebenfalls Knoten , denn wie sollten die Luftteilchen direkt an der Wand schwingen? An offenen Enden entstehen aber Bäuche . Wenn die Röhre beidseitig offen ist, beträgt ihre Länge λ /2 des Grundtons (Abb. 3.12). Wenn sie aber einseitig geschlos- sen ist, muss sie nur λ /4 lang sein. Info: Hohlmaus Daher sind manche Orgelpfeifen auf einer Seite geschlos- sen. Man nennt sie dann gedeckte Pfeifen. Man spart zwar die Hälfte des Materials, dafür haben sie aber einen völlig anderen Klang, weil sich in ihnen nur ungeradzahlige Ober- töne ausbilden können (siehe Abb. 3.12). Abb. 3.10: Eine stehende Welle (unten) entsteht durch die Überlagerung von zwei gleichen, aber gegenläufigen Wellen. Du siehst, dass Bäuche und Knoten immer an derselben Stelle bleiben. Hohlmaus Der Grundton einer Luftsäule hängt von ihrer Länge ab und ob sie gedeckt ist oder nicht. Auch für stehende Wellen gilt die Gleichung v = f · λ (siehe Kap. 12.3, NAWI 1). Die Schallge- schwindigkeit bei Zimmertemperatur beträgt 342m/s. Eine Schallwelle mit 440Hz hat eine Länge von 0,77m. Eine offe- ne 440-Hz-Pfeife muss daher rund 39 cm hoch sein und eine gedeckte 19 cm (siehe Abb. 3.12). Eine Glasflasche ist wie eine unten gedeckte Pfeife. Je höher die Flüssigkeit in ihr steht, desto höher ist auch der erzeugte Ton. Das ist der Grund, warum beim Einfüllen einer Flasche das Geräusch immer höher wird ( F8 ). Eine Maus kann niemals so brüllen wie ein Löwe ( F10 )! Selbst wenn sie völlig hohl wäre, würde nur eine Viertel- welle in sie hineinpassen, und das entspricht bei 8 cm Kör- perlänge 1070Hz. Auch eine Hohlmaus hätte eine Fistel- stimme! In Wirklichkeit wäre sie sogar noch viel höher als berechnet, weil als Resonanzkörper vor allem der Bereich zwischen Kehlkopf und Mund wirkt. Beim Menschen ist dieser Bereich, der „Vokaltrakt“, knappe 20 cm lang. i Abb. 3.11: Eine Hohlmaus wirkt wie eine einseitig geschlossene Pfeife (siehe Abb. 3.12) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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