Big Bang HTL 3, Schulbuch

168 Organische Technologie und Ökologie (III. Jg., 6. Sem.) Klassisches Eintauchen in den Lack wird schon lange prakti- ziert. Ein Nachteil dabei ist, dass das Lackmaterial nach un- ten abläuft und die Schichten oben und unten am Werk- stück unterschiedlich dick sind. Eine Abhilfe stellt das Elektrotauchlackieren dar. Das Werkstück wird in einen elek- trisch leitfähigen, wässrigen Tauchlack eingetaucht. Dann wird zwischen dem Werkstück einerseits und einer Gegen- elektrode andererseits ein Gleichspannungsfeld angelegt. Das Bindemittel soll an der „Werkstück-Elektrode“ ausge- fällt werden und so den Lackfilm erzeugen. Meist wird das Werkstück als Kathode geschaltet, man spricht dann vom kathodischen Tauchlackieren (KTL). Der Vorteil dieses Ver- fahrens liegt in der Möglichkeit, komplizierte Strukturen und große Stückzahlen zu lackieren. Außerdem beträgt die Lackausbeute bis zu 98,5%, es gibt also kaum Lackverluste. Es ist das Standardverfahren, um Fahrzeugkarosserien zu lackieren. Die KTL funktioniert folgendermaßen: Spritzverfahren Druckluftspritzverfahren: Herkömmliches Verfahren - ein Kompressor erzeugt Druck- luft (1–14 bar), die zu einer Spritzdüse geleitet wird. Betätigt man die Düse, so wird das Spritzmaterial (der Lack) freige- geben und mit der Druckluft fein zerstäubt. Das Verfahren ist einfach, preiswert und liefert durch die feine Zerstäu- bung eine hohe Qualität. Allerdings ist der Overspray sehr hoch, oft werden nur etwa 30% des Materials auf das Werk- stück übertragen → große Belastung für die Umwelt, hoher Materialverlust und aufwändige Schutzmaßnahmen für den Anwender sind die Nachteile. HVLP: High volume, low pressure Verfahren Das Spritzgut wird mit niedrigem Luftdruck von etwa 0,2 bis 1 bar, aber mit großen Luftmengen, zerstäubt. Vorteil: das Verfahren hat die höchste Materialübertragungsrate (etwa 80%), was das Verfahren umweltfreundlicher macht (Ener- gie- und Materialeinsparung). Allerdings ist die Verarbei- tungsgeschwindigkeit langsamer, was für große Flächen nicht wirtschaftlich ist. Airless-Verfahren: Luftloses Spritzverfahren, das mit Drücken von 150 bis 300 bar arbeitet. Das Spritzgut wird direkt von einer Hochdruck- pumpe angesaugt und über eine speziell geformte Düse fein zerstäubt. Mit diesem Verfahren ist es möglich, in kur- zer Zeit große Flächen zu lackieren. Weil die mit dem Verfah- ren verbundenen Abdeckarbeiten aufwändig, und die Gerä- te sehr wartungsintensiv sind, lohnt sich die Anschaffung einer Airless-Anlage nur für großflächige Anwendungen. i Abb. 17.5: Kathodisches Tauchlackieren (KTL) Elektrotauchlacke sind grundsätzlich Wasserlacke. Die enthaltenen Bindemittel sind mit Aminogruppen funktiona- lisiert. Im Tauchbecken befinden sich Bindemittel, Wasser, Pigmente, Additive und Säuren. Diese organischen Säuren geben H + -Ionen ab und sorgen dafür, dass die Aminogrup- pen protoniert werden. Dadurch werden diese positiv ge- laden und wandern im elektrischen Feld zur Kathode. Dort sind durch das viele Wasser im Becken und die elektrische Spannung OH – -Ionen entstanden (Elektrolyse von Wasser!). Diese neutralisieren die Lackteilchen, die sich auf der Werk- stückoberfläche anlagern. Sie sind nun nicht mehr leitfähig und lagern sich mit Fortdauer des Prozesses zu einer ge- schlossenen Lackschicht zusammen. Abb. 17.6: Kathodisches Tauchlackieren – Funktionsweise Zusammenfassung Nach einer Oberflächenreinigung und Abstrahlung zum Aufrauen kann der Lack aufgebracht werden. Dies geschieht entweder durch Spritzen oder Eintauchen. Für komplizierte Teile (Autokarosserien) wird die kathodi- sche Tauchlackierung verwendet, bei der das Werkstück die Kathode darstellt. Die ionisierten Lackmoleküle wandern im elektrischen Feld dorthin und bilden einen durchgängigen Film. Z Nur zu Prüfzwecken – Eige tum des Verlags öbv

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