Big Bang HTL 3, Schulbuch

Organische Technologie und Ökologie (III. Jg., 6. Sem.) 157 Farbstoffe 15 Zusammenfassung Ein Stoff ist dann farbig, wenn die Energie des sichtbaren Lichts ausreicht, Elektronen auf das nächstgelegene höhere Orbitalniveau zu heben. Dadurch wird Lichtenergie absor- biert und in Wärmeschwingung umgewandelt. Das ist der Fall bei Molekülen mit delokalisierten Elektro- nensystemen, also bei Benzenringen und konjugierten Doppelbindungen. Zusätzlich können farbvertiefende (auxochrome) Gruppen das Absorptionsspektrum verschie- ben (zB -NH 2 , -OH, -NO 2 , -N=N- oder C=O) 15.3 Vom „Schneckengatsch“ zum Azofarbstoff Geschichte und Arten von Farbstoffen In diesem Abschnitt geht es um den Unterschied zwischen Farbstoffen und farbigen Stoffen, um die Geschichte der Farbstoffchemie und um verschiedene Farbstoffklassen. Ein Farbstoff ist ein farbiger Stoff, der imstande ist, andere Materialien zu färben. Farbstoffe sind in ihrem Anwen- dungsmedium löslich . Das unterscheidet sie von den Pigmenten , die unlöslich sind. Farbstoffe und Pigmente werden unter dem Begriff Farbmittel zusammengefasst. Es gibt unzählige Naturfarbstoffe, die die Menschen schon sehr früh zum Färben von Textilien benutzten. Man extra- hierte diese Farbstoffe aus Pflanzen (zB Indigo aus den Blättern der Indigopflanze) oder Tieren (zB Purpur aus der Purpurschnecke). ( F7 , F8 ) Abb. 15.8: Indigopflanze Indigofera tinctoria, sowie blauer Indigo- farbstoff Z Bau von farbigen Stoffen Erkläre den grundsätzlichen Aufbau eines farbigen Stoffes. Verwende und erkläre dabei die folgenden Begriffe: delokalisiert, konjugiert, Komplementärfar- be, Absorption, Energieniveau und chromophore Gruppe L 15.2 F6 A1 Welche Farbe hat Indigo? Woraus gewann man früher diesen Farbstoff? Welche Farbe hat Purpur? Woraus gewann man früher diesen Farbstoff? F7 F8 Die Herstellungsverfahren waren sehr aufwändig und damit waren gefärbte Textilien meist nur den Herrschern vorbehalten. Für 1 g Purpur musste man z. B. etwa 10 000 Schnecken zerquetschen, sie mit Salzwasser auf ein Zehntel des Volumens einkochen und dann das Kleidungsstück färben. Die Unterschicht musste sich ohne Farbe oder mit Braun- und Gelbtönen zufriedengeben, die man mit Nuss- schalen oder Kamillepflanzen erreichen konnte. Seit etwa 1860 ist es durch die Fortschritte der chemischen Industrie möglich geworden, Farbstoffe synthetisch herzu- stellen. Der allererste künstliche (synthetische) Farbstoff , das Mauvein , wurde allerdings zufällig entdeckt, als der Chemiker W ILLIAM P ERKIN 1856 mit Anilin experimentierte. Ei- gentlich wollte er Chinin, ein Fiebermittel, herstellen, aber bei seinen Experimenten erhielt er eine violett-schwarze Masse. Durch Extraktion mit Alkohol konnte er einen mal- venfarbenen Farbstoff gewinnen, den er Mauvein nannte. Dieses Mauvein färbte Seide und Baumwolle sehr gut und löste 2 Trends aus: einerseits einen Lila-Modetrend, und an- dererseits einen Trend der chemischen Industrie, nach Farb- stoffen zu forschen. Viele auch noch heute tätige Firmen und Konzerne haben ihren Ursprung in dieser Zeit der Farb- stoff-Forschung: BASF (Badische Anilin- und Sodafarbrik), Agfa (Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation), Bayer oder Farbwerke Höchst. Abb. 15.9: Strukturformel von Mauvein und Königin Victoria von England 1862 in einem Mauvein-gefärbten Kleid. Im Lauf der Zeit wurden immer mehr künstliche, also in der Natur nicht vorkommende Farbstoffe synthetisiert. Dazu ge- hört die große Gruppe der Azofarbstoffe . Als Ausgangsma- terialien werden für die meisten synthetischen Farbstoffe Erdölprodukte verwendet. Man begann aber auch, in der Natur vorkommende Farb- stoffe nachzubauen. Das war von Vorteil, wenn der betref- fende natürliche Farbstoff sehr teuer, sehr aufwändig herzu- stellen oder nur schwer zu bekommen war. Indigo zB wächst in Ostindien und musste importiert werden. Seit 1870 kann der Indigofarbstoff synthetisch hergestellt werden. Solche identischen „Nachbauten“ nennt man auch naturidente Farbstoffe . Sie unterscheiden sich überhaupt nicht von den natürlich gewonnenen Stoffen. Die Unterscheidung in „na- türlich“ und „naturident“ hat sich nur in der Lebensmittelin- dustrie und damit der Lebensmittelkennzeichnung durchge- setzt. Man färbt aber nicht nur Textilien, Kunststoffe oder Lebensmittel, auch das Färben der Haare oder des mensch- lichen Körpers hat lange Tradition. Info: CLIL – Dyeing has a long tradition -> S. 158 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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