Big Bang HTL 3, Schulbuch

156 Organische Technologie und Ökologie (III. Jg., 6. Sem.) Besonders gut sichtbar werden Fluoreszenz und Phospho- reszenz im UV-Licht. Das UV-Licht ist kurzwellig genug, um den jeweiligen Stoff anzuregen, und die Leucht- erscheinungen kann man gut sehen, weil sie nicht von einem hellen Tageslicht überdeckt werden. Abb. 15.4: Fluoreszenz: Scheelit-Erz im Tageslicht und im UV-Licht 15.2 Was macht einen Stoff farbig? Molekularer Bau von farbigen Stoffen In diesem Abschnitt beschäftigen wir uns wieder mit den klassischen Farbstoffen, die ihre Farbigkeit durch Absorpti- on erhalten. Wir erfahren, dass es ein paar Grundstrukturen gibt, die ein Molekül haben muss, damit es Licht absorbie- ren und damit farbig sein kann. Um zu verstehen, was Absorption bedeutet und wie Farbe auf molekularer Ebene entsteht, müssen wir uns noch ein- mal mit dem Atommodell beschäftigen. Elektronen befinden sich in Orbitalen. Diese Orbitale kann man als Aufenthaltsräume, Schwingungsräume oder Ener- giezustände der Elektronen betrachten. Für die Elektronen eines Atoms oder Moleküls gibt es ganz bestimmte erlaub- te Energiezustände. Normalerweise befinden sich alle Elekt- ronen im Grundzustand, das ist der energetisch niedrigste. Durch Lichtanregung kann es zur Absorption kommen. Dadurch wird ein Elektron auf ein höher gelegenes Orbital gehoben. Die aufgenommene Energie wird in Wärme- schwingung umgewandelt, der Stoff erwärmt sich (seeee- ehr geringfügig!). F5 Erkennt man an der Strukturformel eines Moleküls, ob es uns farbig erscheint? Was sind delokalisierte Elektronen? Was sind konju- gierte Doppelbindungen? In Abschnitt 15.1 haben wir gelernt, dass Moleküle Lichtenergie verschiedener Wellenlänge absorbieren, also aufnehmen können. Was tun sie mit dieser Energie? Sie kann ja nicht verschwinden, oder? F3 F4 F5 Ein Stoff erscheint nun dann farbig, wenn das erstmögliche höhere Energieniveau so nah am Grundzustand liegt, dass es durch Absorption von sichtbarem Licht erreicht werden kann. Bei Stoffen mit Einfachbindungen ist zur Erreichung dieses Energieniveaus Strahlung mit hoher Energie nötig. Sie bräuchten Licht im UV-Bereich. Stoffe mit Einfachbindungen sind daher grundsätzlich farblos. Die Energiedifferenz zwischen dem Grundzustand und dem nächsthöheren Niveau wird kleiner, wenn delokalisierte Elektronen vorhanden sind. Delokalisierte Elektronen gibt es bei Benzenringen und bei konjugierten Doppelbindun- gen. Dort sitzen die Elektronen nicht in ihren Bindungen fest, sondern verteilen sich gleichmäßig über das gesamte System des Ringes oder der Doppel-/Einfachbindungs-Kette. Abb. 15.5: die Elektronen im Benzenring sind nicht in ihren Orbitalen lokalisiert (links), sondern über den Ring verteilt delokalisiert (rechts) Je länger das delokalisierte Elektronensystem, desto mehr verschiebt sich die Lichtabsorption vom UV-Bereich in den sichtbaren Bereich. Als Faustregel kann man sagen, dass eine Verbindung ab ca. 7–8 konjugierten Doppelbindungen farbig ist F3 . Diese Grundstruktur eines farbigen Stoffes nennt man Chromophor oder chromophore (farbgebende) Gruppe . Abb. 15.6: Die Länge des delokalisierten Elektronensystems entscheidet über den Farbeindruck. Nicht nur die Länge des delokalisierten Elektronensystems ist für einen Farbeindruck entscheidend, sondern auch so- genannte farbvertiefende (auxochrome) Gruppen . Das sind funktionelle Gruppen mit nichtbindenden Elektronenpaa- ren. Diese nichtbindenden Elektronenpaare können zur Ver- größerung des delokalisierten Systems beitragen und eine Verbindung farbig machen. Solche Farb- vertiefenden Gruppen sind zB -NH 2 , -OH, -NO 2 , -N=N- oder C=O-Gruppen siehe Abb. 15.7. Abb. 15.7: Benzen = farblos, Anilin (rechts) hellbraun Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des V rlags öbv

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