Big Bang HTL 3, Schulbuch

Organische Technologie und Ökologie (III. Jg., 6. Sem.) 151 Erneuerbare Energieträger 14 14.2 Trinken oder Fahren? Bio-Ethanol In diesem Kapitel beschäftigen wir uns mit der Gewinnung von Bio-Ethanol. Dieser Kraftstoff hat unter der Bezeich- nung E10 große Diskussionen in unserem Nachbarland Deutschland ausgelöst. In Österreich spielt Bioethanol (noch) eine untergeordnete Rolle. Bioethanol ist Ethanol, das aus Biomasse hergestellt wurde und für die Verwendung als Kraftstoff bestimmt ist. Im Prin- zip handelt es sich um normalen Alkohol, der auch „normal“, also durch alkoholische Gärung und anschließende Destil- lation hergestellt wird. Allerdings ist er von der Alkoholsteu- er ausgenommen. Dadurch ist er trotz seiner aufwändigen Herstellung an der Tankstelle konkurrenzfähig. Herstellung: ( F5) Abb. 14.5: Mais und Bio- Ethanol Bioethanol wird aus zucker- bzw. stärkehalti- gen Pflanzen durch alko- holische Gärung herge- stellt. In Europa wird dazu hauptsächlich Mais und Weizen verwendet. In Brasi- lien nimmt man vor allem Zuckerrohr. Die Ausgangsmateria- lien sind also vielfältig. Die Herstellung von Bioethanol ver- läuft in mehreren Schritten. 1. Gärung: – zuckerhaltige Rohstoffe (Zuckerrohr, Rüben) können direkt zerkleinert und durch Hefepilze vergoren werden – Stärkehaltige Materialien (Getreide) müssen vor der Gärung in Zuckermoleküle gespalten werden. (Stärke ist ein Riesenmolekül, das aus vielen Zuckereinheiten zu- sammengesetzt ist, mehr dazu in Band 4). Danach kön- nen diese durch Hefepilze zu Alkohol vergoren werden. – Cellulosehaltige Materialien (Pflanzenstängel, Holz, Stroh) müssen durch Säure und Enzyme in Zucker gespal- ten werden (auch Cellulose ist ein Riesenmolekül aus – anders verknüpften – Zuckermolekülen). Danach kann der Zucker zu Alkohol vergoren werden. Es entsteht eine Maische von bis zu 12% Ethanolgehalt. 2. Destillation und Entwässerung: Durch Destillation und anschließende Entwässerung wird der Alkoholgehalt auf 99,95% im fertigen Produkt erhöht. Ethanol ist ganz „normaler“ Trinkalkohol. Wie wird Alkohol (in Form von Wein oder Bier) hergestellt? Welche Rohstoffe braucht man? Welche Nebenpro- dukte entstehen? F5 Verwendung: Der gewonnene Alkohol wird als reines Ethanol E 100 oder in verschiedenen Mischungen mit Benzin verwendet, z. B. E2, E10, E25, E50 oder E85. Die nachgestellte Zahl gibt an, wie viel Vol.% Ethanol dem Benzin beigemischt wurden. In Europa ist die Beimischung von 5% zu Benzin ohne zu- sätzliche Kennzeichnung erlaubt. Alle mit Benzin betriebe- nen Fahrzeuge können ohne Umbau mit diesem E5 betrie- ben werden. In Österreich ist zurzeit allen Benzinsorten etwa 4,6% Ethanol beigemischt. Die Sorte E85 ist nur an ausgewählten Tankstellen in Österreich erhältlich. Um die- sen Treibstoff tanken zu können, muss man ein sogenanntes FFV (flexible fuel vehicle) besitzen, also ein Fahrzeug das wechselweise mit Benzin oder Ethanol und auch deren Ge- mischen fahren kann. Sensoren erkennen das jeweilige Ge- misch und passen die Motoreinstellungen an. Bioethanol in Österreich Im Jahr 2007 wurde die erste Bioethanol-Anlage in Öster- reich eröffnet. Sie steht in Pischelsdorf in NÖ und wird von der Firma Agrana betrieben. Als Rohstoffe werden Mais und Weizen verwendet. Die Anlage liefert jährlich etwa die doppelte Menge an in Österreich benötigtem Bioethanol. Als Nebenprodukt der Ethanolherstellung fällt eine eiweiß- reiche Restmasse an, die als hochwertiges Futtermittel ver- wendet wird. Auch an diesem Beispiel kann man globale Zusammenhänge sehen: Europa exportiert derzeit über- schüssiges Getreide nach Südamerika, und importiert von dort Sojaprodukte als Tierfutter. Durch die Ethanolprodukti- on kann man auch in diesen Prozess eingreifen: Europa ver- braucht seinen Getreideüberschuss selbst und stellt neben- bei auch eiweißhaltige Futtermittel selber her. Aufwändige Exporte und Importe fallen weg. Trotzdem bleibt das Pro- blem der Anbauflächen, die nicht mehr für Nahrungspflan- zen zur Verfügung stehen – siehe Kapitel 14.3. 14.3 Kritik am Biosprit Vor- und Nachteile von Biokraftstoffen Abb. 14.6: Kritischer Cartoon zum Thema Bio-Ethanol Die EU-Richtline 2009/28/EG schreibt vor, dass bis zum Jahr 2020 10% der ver- brauchten Energie im Verkehrssektor aus erneuerbaren Energien stammen muss. Schau dir den unten stehenden Cartoon an und besprich mit deinem Nachbarn die Konfliktpotenziale von Biosprit. F6 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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