Big Bang HTL 3, Schulbuch

142 Organische Technologie und Ökologie (III. Jg., 6. Sem.) 13.6 Vom Granulat zur Getränkeflasche Kunststoff-Verarbeitung Hier geht es darum, wie man aus dem Rohkunststoff die jeweiligen Produkte herstellt. Also eher wenig chemisch, sondern mehr werkstofftechnisch. Wie macht man aus einem Granulat eine Folie, einen Helm, einen Schlauch, eine Platte oder einen Kanister? 13.6.1 Zusätze vor der Produktherstellung Schon vor der endgültigen Formung des Produktes werden dem Roh-Kunststoff verschiedene Zusatzstoffe beigemischt. Sie dienen zur Verbesserung der Eigenschaften oder einfach nur der Optik. Einige werden hier vorgestellt. – Füllstoffe: Füllstoffe bringen mechanische Vorteile und oft auch preisliche. Kalk zB erhöht die Formstabilität und Schlag- festigkeit des Kunststoffes, Ruß verbessert die Abrieb- festigkeit (Autoreifen! F22 ). Beide sind eher billige Aus- gangsstoffe. Aber auch Fasern können verwendet werden: Zusatz von Glasfasern bewirkt eine elastische Steifigkeit bei gleich- zeitig hoher Zugfestigkeit, es entstehen Glasfaser ver- stärkte Kunststoffe (GFK). Anwendung z. B. bei Flugzeug- teilen, Angelruten, Booten, Sportgeräten, Zahnrädern, … Kohlefasern (Carbonfasern) werden in eine Kunststoff- matrix eingebettet, wenn hohe Steifigkeit und Festigkeit gefragt sind, und der Preis kaum eine Rolle spielt. Es ent- stehen Carbonfaser verstärkte Kunststoffe (CFK), die für Karosserien von Formel-1-Wagen, Flugzeugbauteile und Fahrrad-Leichtrahmen verwendet werden. Autoreifen bestehen hauptsächlich aus Synthesekautschuk. Dieses Polymer ist hellbraun und sieht ein bisschen aus wie ein Karamell- bonbon. Warum sind Autoreifen trotzdem immer schwarz? Thermoplastische Kunststoffe können durch Erwär- men immer wieder verformt werden. Ähnlich wie Plastilin durchlaufen sie einen plastischen Zustand. Wie kann man aus Plastilin (oder einem plastischen Kunststoff) möglichst effizient Rohre, Stangen, Hohlkörper oder Folien machen? Bauschaum – oder landläufig auch PU-Schaum genannt – kennt jeder. Aber wie macht man aus einem Polymer einen Schaum? (Überlege, wie sonst noch Schäume entstehen, zB in der Badewanne) F22 Abb. 13.34: Synthesekautschuk F23 F24 – Farbmittel: Kunststoffe werden in der Masse gefärbt. Dazu werden Pigmente (unlösliche Farbmittel, Kap. 16) verwendet. Es ist dabei wichtig, die spätere Verarbeitungsart des Pro- duktes zu wissen, damit man das richtige Pigment wählt. – Stabilisatoren: Sie verhindern oder verzögern den Alterungsprozess des Kunststoffes bzw. stabilisieren ihn während der folgen- den Verarbeitungsschritte. Besonders für UV-Licht, hohe Temperaturen und Reaktionen mit Sauerstoff sind ver- schiedene Kunststoffe anfällig. – Weichmacher Sie bewirken, dass der fertige Kunststoff weicher, elasti- scher und geschmeidiger wird. Der gebräuchlichste Weichmacher ist Diethylhexylphthalat (DEHP), verwendet hauptsächlich für PVC. Info: Phthalate Phthalate Der Begriff Phthalate umfasst eine ganze Gruppe von che- mischen Verbindungen, die Ester der Phthalsäure (1,2-Ben- zendicarbonsäure) mit verschiedenen Alkoholen. Die bekanntesten und am weitesten verbreiteten Phthalate sind Diethylhexylphthalat DEHP und Diisononylphthalat DiNP. Sie dienen hauptsächlich als Weichmacher für PVC und können bis zu 50% der Gesamtmasse des Produkts aus- machen. Weichmacher gehen keine chemischen Bindungen mit dem Kunststoff ein, in dem sie enthalten sind. Dadurch können sie mit der Zeit aus dem Produkt entweichen. Phtha- late sind fettlöslich und reichern sich in der Umwelt an. Die einzelnen Phthalate haben unterschiedliche Auswir- kungen auf die menschliche Gesundheit. Alle stehen im Verdacht, das Hormonsystem negativ zu beeinflussen. Bei vielen ist eine Beeinflussung des männlichen Fortpflan- zungssystems bewiesen. Phthalate können die Plazen- taschranke durchdringen und das Kind im Mutterleib schädigen. Auch Kleinkinder sind besonders Phthalaten ausgesetzt, wenn es in Spielzeug enthalten ist und sie die- ses in den Mund nehmen. Viele Phthalate, wie z. B. DEHP sind mittlerweile in Kinder- spielzeug (mit mehr als 0,1% Gehalt) verboten. Außerdem gilt für die meisten Phthalate eine Zulassungspflicht, d. h. sie dürfen in der EU nur nach vorheriger Zulassung in Ver- kehr gebracht werden. Problem: Diese Pflicht gilt nicht für etwaige Importprodukte, z. B. aus China. Alle Produkte, die mit dem österreichischen Umweltzeichen aus- gezeichnet sind, dürfen keine Phtha- late enthalten. i Abb. 13.35: Österreichisches Umweltzeichen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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