Big Bang HTL 3, Schulbuch

Organische Technologie und Ökologie (III. Jg., 6. Sem.) 141 Kunststoffe 13 Wichtig ist ein ganz genaues (stöchiometrisches) Harz- Härter-Verhältnis, damit eine vollständige Umsetzung der Ausgangsstoffe erfolgt. Sonst bleiben Komponenten un- reagiert zurück. Das kann einerseits die Eigenschaften des Produkts beeinträchtigen (zu weich, klebrig), andererseits kann es auch zu Gesundheitsgefahren durch die austreten- den Monomere kommen. Info: Bisphenol A Verwendungsmöglichkeiten für Epoxidharze – als Konstruktionsklebstoff (2-Komponenten-Kleber, siehe Kapitel 16) im Haushalt, aber auch im Modellbau und Bootsbau – als Bindemittel für Lacke – in Verbundwerkstoffen, zB in Verbindung mit Glasfasern oder Carbonfasern im Flugzeugbau und in der Raum- fahrttechnik – zur Sanierung von Rohrleitungen, zB Trinkwasserleitun- gen und Fußbodenheizungen – für Beschichtungen von Konservendosen Besonders die Verwendungen, bei denen Kontakt mit Wasser oder Lebensmitteln herrscht, werden von Verbrau- cherschützern wegen des BPA-Gehalts kritisch gesehen. Bisphenol A (BPA) Bisphenol A ist der bekannteste Vertreter der Bisphenole. Es wird aus 2 Teilen Phenol und 1 Teil Aceton hergestellt – das A in Bisphenol A stammt vom Aceton. BPA ist Monomer für Epoxidharze und Polycarbonate , und wird auch in Weichmachern für bestimmte Kunststoffarten eingesetzt. Diese Kunststoffe werden sehr vielfältig verwendet: von der Babyflasche bis zum Mikrowellengeschirr, vom Thermopa- pier in der Supermarktkassa bis zu Beschichtungen von Konservendosen. Aus all diesen Produkten kann BPA frei- gesetzt werden, vor allem beim Erhitzen oder Kontakt mit Säuren. BPA kann eingeatmet werden, über die Haut oder mit der Nahrung aufgenommen werden. Ob und wie gefährlich das für den Menschen ist, darüber streiten sich die Experten seit Jahrzehnten. Mittlerweile gibt es über 5000 (!) Studien zum Thema BPA, teilweise mit widersprüchlichen Ergebnissen. Gesichert scheinen folgen- de Eckpunkte: i Abb. 13.32: Darstellung von BPA aus 2 Teilen Phenol und 1 Teil Aceton Bisphenol A ist ein Stoff, der dem weiblichen Hormon Östro- gen ähnelt. Es kann im menschlichen Körper an Rezeptoren andocken: im Brustgewebe, in der Gebärmutter, im Gehirn und auch im Knochengewebe. Manche Studien legen auch eine Korrelation zwischen BPA-Gehalt im Blut und Zeu- gungsproblemen bei Männern nahe. Im Tierversuch wurden Beeinflussungen des Hormonhaushalts und des Immun- systems bestätigt. Da Studien bei Menschen problematisch sind (Gruppen- größe, konstant-Halten der anderen Variablen), gibt es oft keine eindeutigen Ergebnisse. Ergebnisse aus Tierversuchen kann man nicht ohne Weiteres auf den Menschen anwen- den. Zusätzlich ist es bei hormonähnlichen Stoffen so, dass man oft keine „Mindestmenge“ angeben kann, die schädlich ist, weil Hormone immer in sehr niedrigen Dosen wirken. Das führt oft zu ganz unterschiedlichen Reaktionen der Regierungen einzelner Länder, auch im Fall BPA. EU: 2011 wurden Babyflaschen aus PC, die BPA enthalten, verboten. BPA wurde im Jahr 2017 neu bewertet und gilt seit 1. März 2018 als reproduktionstoxisch der Kategorie 1B. Von der ECHA (Europäische Chemikalienagentur) wurde es im Juli 2017 als „besonders besorgniserregend“ eingestuft. Ab 2020 ist die Verwendung von BPA für die Beschichtung von Ther- mopapieren (Fax, Kassenbons) verboten. Schweiz: für das Bundesamt für Gesundheit stellte die Auf- nahme von BPA aus Lebensmitteln kein Risiko für den Kon- sumenten dar, daher gibt es dort auch kein Verbot. Diese Entscheidung wurde damit begründet, dass durch ein Ver- bot die Hersteller gezwungen würden, auf andere Stoffe umzusteigen, deren Toxizität weniger gut erforscht sei. Das Beispiel BPA zeigt gut die Probleme bei der Risikobe- wertung eines chemischen Stoffes. Seit BPA ein Thema in den Medien geworden ist, werben immer mehr Hersteller von zB Nahrungsmittel-Behältern damit, BPA-freie Produkte anzubieten. Mögliches Problem dabei: die Kunststoffe könnten andere Zusatzstoffe enthalten, wie zB Bisphenol S , welches weit weniger gut untersucht ist und im Tierversuch darauf hin- deutet, noch drastischere Wirkungen zu haben als BPA. Frei von Bisphenolen und gut geeignet zur Lebensmit- tel-Aufbewahrung sind jedenfalls die Kunststoffe PE und PP, sowie auch Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen, wie z. B. Polymilchsäure. Abb. 13.33: Werbung für BPA freies Produkt Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv

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