Big Bang HTL 2, Schulbuch

62 Bereich Grundlagen der Chemie (II. Jahrgang, 3. Semester) –– Die van-der-Waals-Kräfte sind umso stärker, je polarer die beteiligten Stoffe sind. Je polarer das Molekül, desto höher sind Schmelz- und Siedepunkte des Stoffes. 2) Wasserstoffbrücken: Wasserstoffbrücken sind eine Sonderform der Dipol-Dipol- Anziehungskräfte. Sie sind stärker als die van der Waals Kräfte, aber immer noch viel schwächer als eine echte Atom- bindung. Wasserstoffbrücken entstehen immer dann, wenn ein Was- serstoffatom in einem Molekül an ein stark elektronegati- ves Atom mit freien Elektronenpaaren gebunden ist, in der Praxis fast immer F, O oder N. Der positiv polarisierte (teil- geladene) Wasserstoff wird vom freien Elektronenpaar des positiv polarisierten Atoms (hier O) angezogen. Wasserstoffbrücken sind z. B. der Grund, warum Wasser mit seinen sehr kleinen Molekülen Abb. 4.38: Wasserstoffbrücken Dipole sind ansteckend – eine genauere Betrachtung der van der Waals-Kräfte Jedes Molekül besteht aus Atomen, und diese Atome besit- zen wiederum Elektronen, die in bestimmten Räumen um diese Atome „herumschwirren“. Das tun sie nicht immer gleichmäßig. Das bedeutet, dass manchmal auf einer Seite eines Atoms mehr Elektronen sind als auf der anderen Seite (Das gilt dann auch für das ganze Molekül). Dadurch entste- hen zeitweilige (temporäre) schwache Dipole, also Moleküle die auf einer Seite ein wenig negativ geladen sind und auf der anderen Seite ein wenig positiv. In der Chemie nennt man das „Ladungsverschiebungen“, und diese Ladungsver- schiebungen sind ansteckend. Das heißt, ein Molekül, wel- ches gerade ein temporärer Dipol ist, kann ein Nachbarmo- lekül dazu anregen, auch einen temporären („induzierten“) Dipol zu bilden. Dann können zwischen den beiden Molekü- len schwache elektrostatische Anziehungskräfte wirken – die van-der- Waals-Kräfte. Auch permanente, also „echte“ Dipole können unpolare Moleküle zur Ausbildung von temporären Dipolen anregen. Hier bilden sich anschließend ebenfalls Anziehungskräfte. i Abb. 4.39: Entstehung der van der Waals-Kräfte einen so hohen Siedepunkt, nämlich 100 °C hat. (Vgl: H 2 S keine Wasserstoffbrücken, Siedepunkt –60 °C) ( F55 ) Wasserstoffbrücken haben aber auch wesentliche Aufgaben in unserem Körper: Sie halten z. B. die beiden Stränge der DNA-Doppelhelix zusammen oder bewirken den richtigen räumlichen Aufbau von Eiweißstrukturen. Wasserstoffbrücken können auch innerhalb eines (großen) Moleküls, z. B. in Proteinen entstehen. Abb. 4.40: Wasserstoffbrücken (strichliert) in der DNA-Doppelhelix Wie Spinnen, Käfer und Geckos an die Decke gehen – Auswirkungen der van der Waals-Kräfte Große Tiere wie Kraken nutzen hauptsächlich das Saugnapf- prinzip. Das beruht darauf, dass der Außendruck den Saugnapf an seiner Stelle hält, und das so fest, dass man daran auch Gewichte befestigen kann. Bei kleineren Tieren wie z. B. Käfern oder Spinnen oder auch beim Gecko spielen van der Waals-Kräfte die Hauptrolle. Diese Wechselwirkungen zwischen Tierfuß und Unterlage mögen zwar schwach sein, aber wenn sie in ungeheuerlich großer Anzahl wirken, können sie ganze Tiere halten. Wir betrachten den Geckofuß einmal genauer: hier wurde das in der Biologie so oft beobachtbare Prinzip der Ober- flächenvergrößerung angewendet. Der Fuß ist mit sich im- mer kleiner werdenden Härchen besetzt, die sich am Ende noch einmal in „Unterhärchen“ verzweigen. Pro Fuß gibt es ca. 1 Milliarde davon. Diese Unterhärchen verbreitern sich an ihrer Spitze noch und bilden so eine riesige Oberfläche, die gut mit dem Untergrund wechselwirken kann. Durch temporäre Ladungsverschiebungen, wie sie für van der Waals-Kräfte üblich sind, entstehen Wechselwirkungen zwischen Fuß und Unterlage, wodurch der Gecko auch an glatten Wänden hochgehen kann ( 54 ). i Abb. 4.41: Gecko­ fuß Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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