Big Bang HTL 2, Schulbuch

i4y86m Bereich Grundlagen der Chemie (II. Jahrgang, 3. Semester) 151 Organische Chemie 11 Zu Beginn des 19.Jahrhunderts wurden alle Stoffe in zwei Gruppen geteilt, die anorganischen und die organischen Stoffe. Unter organisch verstand man „von Organismen“ – also von einem Lebewesen hergestellt. Man meinte, es sei eine Art Lebens- geist in ihnen enthalten und sie könnten deshalb nur in Lebewesen entstehen. Dies wurde 1828 vom deutschen Chemiker Friedrich Wöhler widerlegt. Er stellte Harnstoff, ein Produkt des Eiweißstoffwechsels (CON 2 H 6 ) durch Erhitzen des anorgani- schen Salzes Ammoniumcyanat (NH 4 CNO) im Labor her. Heute weiß man, dass es keinen prinzipiellen Unterschied zwischen organischen und anorganischen Stoffen gibt, es gelten für beide dieselben Regeln der Chemie. Was aber alle Verbindungen, die in Lebewesen aufgebaut werden, gemeinsam haben ist das Element Kohlenstoff und über dieses Element wurde dann die organische Chemie definiert. 11.1 Alles bio oder was? Organische Grundlagen 90% aller Verbindungen dieser Welt sind organisch. Heute sind auch künstlich hergestellte organische Stoffe Teil unse- res Alltags. Von der Shampooflasche bis zu ihrem Inhalt, von der Wäsche bis zum Waschpulver besteht vieles aus organi- schen Stoffen. Wie sind diese Stoffe aufgebaut? Die organische Chemie ist die Chemie der Kohlenstoffver- bindungen . Ausgenommen sind dabei nur seine Oxide , die Kohlensäure und Carbonate. Trotz der großen Anzahl anderer Elemente im Perioden- system machen die organischen Verbindungen den Großteil aller Stoffe aus. Warum gibt es also eine solche Vielfalt an organischen Verbindungen, vom winzigen Erdgasmolekül (Methan, CH 4 ) aus nur 5 Atomen bis zur riesigen DNA aus Milliarden von Atomen? Eine Antwort liegt in der Fähigkeit des Kohlenstoffs, eine sehr stabile kovalente Bindung (= Elektronenpaarbindung) mit anderen Kohlenstoffatomen einzugehen. Dadurch ist es möglich, dass sehr lange Ketten entstehen. Der Kohlenstoff besitzt, da er in der 4. Hauptgruppe des Periodensystems steht, 4 Außenelektronen. Zum Edelgas- zustand fehlen ihm also noch 4. Durch die Bildung von vier Elektronenpaarbindungen kann er diesen Zustand errei- chen. Die 4-Bindigkeit des Kohlenstoffs ermöglicht nicht nur die Bildung von Kettenmolekülen, sondern auch deren Verzweigungen (siehe Abb.11.2). Was ist so besonders am Element Kohlenstoff? Könnte auch ein anderes Element Basis einer solchen Stoffvielfalt sein? Wie verbinden sich die Kohlenstoffe zu organischen Verbindungen? Welche anderen Elemente kommen in organischen Stoffen vor? Organische Moleküle sehen oft sehr kompliziert aus (siehe Abb. 11.1). Was bedeuten all diese Striche? F1 F2 Abb. 11.1: Cholesterin- molekül F3 F4 Der Kohlenstoff muss immer 4 e- Paare teilen, hat also im- mer vier Bindungen , die als Striche zwischen den Element- symbolen dargestellt werden. Theoretisch wäre eine ähnliche Vielfalt auch mit anderen Elementen denkbar. Dem Kohlenstoff und seinem Bindungs- verhalten am ähnlichsten ist das Halbmetall Silizium. Auch Silizium kann lange Kettenmoleküle ausbilden, die aber sehr viel starrer sind als Kohlenstoffketten. Obwohl Silizium auf der Erde sehr viel häufiger ist als der Kohlenstoff, hat sich die Evolution der Lebewesen auf Basis des selteneren Kohlenstoffs entwickelt. Die Silizium-Variante scheint also, wenn auch theoretisch möglich, so doch deutlich unwahr- scheinlicher zu sein. ( F1 ) Die Vielfalt organischer Stof- fe wird durch die Möglichkeit des Kohlenstoffs, drei Arten der Bindung einzugehen weiter erhöht. Je nach Anzahl der Elektro- nenpaare die mit einem Bin- dungspartner geteilt werden unterscheidet man Einfach-, Doppel- und Dreifachbindun- gen . Tab. 11.1: Arten der C-C-Bindung Bindung # geteilte e- Paare Darstellung Beweglichkeit Einfach- 1 C–C frei drehbar Doppel- 2 C C nicht frei drehbar Dreifach- 3 C C nicht frei drehbar Geht der Kohlenstoff vier Einfachbindungen ein, entsteht die Struktur eines Tetraeders. Nur so können die vier ne- gativen e – -Paare möglichst weit voneinander entfernt sein. Zwischen den sich gegenseitig abstoßenden e – -Paaren liegt dabei immer ein Winkel von 109,5° (siehe Abb. 11.3). Abb. 11.2: Ketten und Verzweigungen – Bausteine für die Vielfalt organischer Moleküle Abb. 11.3: Kohlenstofftetraeder Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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