Big Bang HTL 2, Schulbuch

Bereich Grundlagen der Chemie (II. Jahrgang, 3. Semester) 109 Anorganische Stoffe in Alltag und Technik 8 Wichtige Glaseigenschaften: –– Amorph: Obwohl Glas viele Eigenschaften eines Fest- stoffs aufweist (z. B. eine fixe Form und bleibende Ober- fläche), gibt es einen wichtigen Unterschied – es fehlt die Ordnung. Die Teilchen im Glas (die SiO 4 -Tetraeder die wir von den Silikaten kennen) sind nicht in einem regelmä- ßigen Kristallgitter angeordnet. Deshalb hat Glas auch keinen einfachen Schmelzpunkt, sondern einen Erwei- chungsbereich. Über ca. 500 °C wird das Glas langsam plastisch verformbar und dann rasch dünnflüssiger. –– Transparent: Glas ist für sichtbares Licht gut durchlässig, da dieses weder absorbiert noch reflektiert. Normalglas absorbiert allerdings Licht unter 400nm (UV). Deshalb be- kommt man hinter Glas auch keinen Sonnenbrand. –– Hart und spröde: Glas hat eine Druckfestigkeit von 900N/ mm 2 , aber eine geringe Zugfestigkeit von nur 30N/mm 2 , es ist also spröde. –– Chemikalienbeständig: Glas ist sehr stabil gegenüber Säuren (Ausnahme Flusssäure, diese wird deshalb zum Ätzen von Glas verwendet) und schwachen Basen. Unter Dauereinwirkung ist Glas in geringem Maße wasserlös- lich, was zur Trübung von Gläsern führen kann. Diese Lös- lichkeit wird durch starke Basen beschleunigt. –– Wärmeleitfähigkeit : 0,75–1W/mK Obwohl seine Fähigkeit Wärme zu leiten viel geringer ist als jene von Metallen oder selbst von Beton (ca. 2W/mK) kann aufgrund der geringen Dicke bei Glasfenstern sehr viel Wärme verloren gehen. –– Wärmeausdehnungskoeffizient: 7,6 · 10 –6 pro K (bei 20 °C): Wenn Glas erhitzt wird dehnt es sich also aus, da es gleichzeitig ein sehr sprödes Material ist, führen schnelle Temperaturveränderungen zum Zerspringen des Glases. Dies kann im Brandfall sehr gefährlich werden. –– Dichte: 2,2–2,5g/dm 3 Info: Glas fließt Glasherstellung Der Hauptrohstoff für die Glasherstellung ist Quarzsand (SiO 2 ) . Das ist eigentlich ganz normaler Sand, wie man ihn vom Urlaub am Meer kennt. Allerdings muss der Sand für die Glasherstellung sehr sauber sein, weil Verunreinigungen durch andere Metalloxide (wie z. B. Fe 2 O 3 ) zu einer uner- wünschten Verfärbung des Glases führen können. Zusätzlich erhöhen Stabilisatoren die Belastbarkeit des Glases. Der hohe Schmelzpunkt des Quarzes wird durch Zusätze ver­ ringert (Flussmittel) (siehe Tab. 8.3). Abb. 8.19: Anordnung der Teilchen (vereinfachte 2-dim. Darstellung) a) Quarz (Glasrohstoff), b) Quarzglas c) Normalglas Nach dem Mahlen und Vermischen der Rohstoffe werden diese in einem Wannenofen mit unterschiedlichen Tempe- raturzonen geschmolzen. Durch den Zusatz der Flussmittel liegt der Schmelzpunkt des Gemisches bei knapp über 1200 °C ( Rauschmelze ). Bei etwas höherer Temperatur, um 1600 °C, wandeln sich in der zweiten Zone alle Rohstoffe in die Oxide um ( Läuterung). Dabei wird aus den Carbonaten Kohlendioxid abgespalten, das als Gas entweicht. Am Ende des Ofens wird langsam auf etwa 900 °C abgekühlt, um ein völliges Entfernen der Gasblasen zu gewährleisten ( Abstehen ). Glas fließt und deshalb sind alte Kirchenfenster unten dicker als oben! Stimmt das auch? Man hört es immer wie- der und es steht sogar in vielen Schulbüchern – Glas fließt und wird des- halb mit der Zeit unten dicker als oben. Dies ließe sich an alten Fenster- scheiben z. B. in Kathe- dralen beobachten. Was ist an diesen Aussagen dran? Ja, Glas hat viele Eigen- schaften einer Flüssigkeit und ja, es fließt auch bei Raumtemperatur. Aber die Fließgeschwindig- keiten sind so gering, dass die bisherige Ver- wendungsgeschichte von Glas viel zu kurz wäre, um merkliche Veränderungen zu beobachten (Zanotto, Am. J. Phys. 66, 392 (1998)). Die unterschiedlichen Glasstärken in mittelalterlichen Kathedralen lassen sich dadurch erklären, dass vor 500 Jah- ren Glas noch nicht so gleichmäßig hergestellt werden konnte wie heute. Um eine größere Stabilität zu erreichen, wurden die ungleich dicken Glasscheiben häufiger mit der dickeren Seite nach unten eingebaut. F17 i Abb. 8.20: Kirchenfenster Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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