Malle Mathematik verstehen 8, Schulbuch

104 6 Schätzen und Testen von Anteilen Deutung eines Konfidenzintervalls Kann man sagen, dass der unbekannte relative Anteil p im berechneten Konfidenzintervall liegt? Mit Sicherheit kann man dies leider nicht sagen. Das errechnete Konfidenzintervall hängt ja von der relativen Häufigkeit h in der vorliegenden Stichprobe ab und diese kann zufällig so stark vom relativen Anteil p in der Grundgesamt abweichen, dass p tatsächlich außerhalb des Konfidenzintervalls liegt. Da aber alle Schätzwerte von p, die im Konfidenzintervall liegen, mit dem Stichprobenergebnis h „verträglich“ sind, hingegen alle Werte außerhalb des Konfidenzintervalls keine „guten“ Schätz- werte für p abgeben, wird in der Praxis ein Konfidenzintervall häufig vereinfacht interpretiert, indem gesagt wird: Ein 95%-Konfidenzintervall enthält den unbekannten relativen Anteil p eines Merkmals in der Grundgesamtheit mit der Wahrscheinlichkeit 0,95. Dies kann man so deuten: Würde man sehr oft Stichproben mit demselben großen Umfang erheben und jedes Mal nach der angegebenen Formel ein 95%-Konfidenzintervall berechnen, so würden diese Intervalle bei ca. 95% aller Stichproben den unbekannten relativen Anteil p in der Grundgesamtheit überdecken. Diese Deutung wird als frequentistische Deutung eines Konfidenzintervalls bezeichnet. Frequentistische Deutung eines γ -Konfidenzintervalls für p Würde man sehr oft Stichproben vom Umfang n erheben und jedes Mal nach der angegebenen Formel ein γ -Konfidenzintervall berechnen, so würden diese Intervalle bei ca. 100 · γ % aller Stichproben den unbekannten relativen Anteil p in der Grundgesamtheit überdecken. Diese Deutung ist nebenstehend veranschaulicht. Da der beobachtete Wert h der relativen Häufigkeit von Stichprobe zu Stichprobe zufälligen Schwankungen unterliegt, erhält man jeweils unterschiedliche Konfidenzintervalle. Von diesen werden aber ca. 95% den relativen Anteil p in der Grund­ gesamtheit überdecken. In der Praxis ist diese frequentistische Deutung nur von geringer Bedeutung, da ja nur eine einzige Stichprobe vorliegt. Die Aussage „Ein 95%-Konfidenzintervall enthält den unbekannten relativen Anteil p mit der Wahrscheinlichkeit 0,95“ ist umstritten. Manche Mathematiker (die sogenannten „Objektivisten“) lehnen sie mit folgendem Argument ab: Entweder liegt p im Konfidenzintervall oder nicht; im ersten Fall liegt p mit der Wahrscheinlichkeit 1 in diesem Intervall, im zweiten Fall mit der Wahr- scheinlichkeit 0. Die Aussage „p liegt mit der Wahrscheinlichkeit 0,95 im Konfidenzintervall“ ist daher sinnlos. Andere Mathematiker (die so genannten „Subjektivisten“) hingegen halten diese Aussage für zulässig und argumentieren so: Da uns der relative Anteil p in der Grundgesamtheit unbekannt ist, können wir p als eine Zufallsvariable mit einer bestimmten (subjektiv festgelegten) Wahr- scheinlichkeitsverteilung auffassen. In diesem Fall hat es durchaus Sinn zu sagen, dass die Zufallsvariable p einen Wert annimmt, der mit der Wahrscheinlichkeit 0,95 im Konfidenzintervall liegt. Diese Wahrscheinlichkeit gibt unser Vertrauen in die Tatsache an, dass der unbekannte relative Anteil p im errechneten Konfidenzintervall liegt. 1. Stichprobe 2. Stichprobe 3. Stichprobe 4. Stichprobe 5. Stichprobe p Nur zu Prüfzwecken – Eige tum des Verlags öbv

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